Arno Breker in Düsseldorf Autor wagt sich an heikles Thema

Erkrath · Ganz unvoreingenommen war Manfred Bicker für sein Buch „Sinnliche Kunstobjekte im Stadtbild von Düsseldorf“ auf der Suche nach entsprechenden Werken, als er auf den hinter hohen Bäumen und Sträuchern versteckten Privatgarten Arno Brekers stieß. Die Skulpturen beeindruckten ihn so sehr, dass er sich in seinem neuestem Buch ganz dem umstrittenen Bildhauer widmet – und der deutschen Vergangenheit.

 Hobbyautor Manfred Bicker beschäftigt sich in seinem neuen Buch mit dem umstrittenen Düsseldorfer Bildhauer Arno Breker und der deutschen Vergangenheit.

Hobbyautor Manfred Bicker beschäftigt sich in seinem neuen Buch mit dem umstrittenen Düsseldorfer Bildhauer Arno Breker und der deutschen Vergangenheit.

Foto: MackFoto.de

Wie der Archäologe Howard Carter sich bei der Entdeckung von Tutanchamuns Grab gefühlt haben muss, kann sich Manfred Bicker vorstellen, seit er den Skulpturengarten des 1991 verstorbenen Bildhauers Arno Breker entdeckte. So überwältigt war er von den an die griechische Antike erinnernden Skulpturen. „Ich fand die Figuren vom ersten Augenblick an aufregend und schön“, schwärmt er und gibt zu, dass das bis heute so geblieben sei. Trotz allem, was er inzwischen erfahren habe. Damit meint der Hobbyautor Arno Brekers NS-Vergangenheit. In seinem neuen Buch „Arno Breker in Düsseldorf (eine Spurensuche)“ hat er sich auf seine ganz eigene, individuelle Weise mit Breker auseinandergesetzt, nach Werken des Bildhauers im öffentlichen Raum gesucht und sich dabei unweigerlich mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt.

Arno Breker ist in Deutschland stark umstritten, da er viele Auftragsarbeiten für die Nationalsozialisten übernahm. Sein Stil passte hervorragend ins NS-Konzept: makellose, sportliche Körper verkörperten für die Nazis den „gesunden, arischen Menschentyp“. Brekers monumentalen Figuren galten als „formgewordene Weltanschauung“. „Hitler soll ihn sogar als seinen Lieblingsbildhauer bezeichnet haben“, weiß Manfred Bicker. Trotz alledem versteht Manfred Bicker nicht, dass Breker in seinem Heimatort Düsseldorf nahezu „totgeschwiegen werde“. Nur wenige seiner Werke findet man noch öffentlich im Stadtgebiet. Die „Aurora“ im Ehrenhof ist wohl das bekannteste, gefolgt von der Matthäus-Figur an der Matthäikirche. Außerdem hat Manfred Bicker auf Gräbern im Nordfriedhof einige von Breker geschaffene Plastiken entdeckt, auch auf Brekers eigenem Grab. Zudem beweist noch der Bürokomplex Jägerhofstraße 21 in Düsseldorf-Pempelfort, dass Breker auch als Architekt arbeitete. „Die wenigen in Düsseldorf öffentlich zu sehenden Arbeiten von Arno Breker werden hier nicht als solche wahrgenommen“, meint Bicker. Für ihn ist „Totschweigen“ die falsche Art von Vergangenheitsbewältigung.

In seinem Buch fordert er auf seine sehr eigene, persönliche Art eine Trennung zwischen Brekers künstlerischem Schaffen und der nationalsozialistischen Vergangenheit. Und zwar nicht nur Brekers Vergangenheit, sondern der ganz Deutschlands! Schließlich betrachte man auch die Pyramiden, die chinesische Mauer oder Angkor Wat ausschließlich unter kulturellen, schöpferischen Aspekten. Die Umstände, unter denen sie entstanden sind, interessierten nur wenige, so Bicker. „Bei der Beschäftigung mit Arno Breker gerät man selbst in den Sog der Ereignisse“, schreibt Bicker. Durch die Arbeit an seinem neuen Buch hat er sich nicht nur unweigerlich mit der NS-Zeit auseinandergesetzt, sondern ihr einen sehr großen Raum in seinem Buch eingeräumt und den Bogen zur Gegenwart gespannt. Das Thema hat den 78-Jährigen stark aufgewühlt und nachdenklich gemacht. Kritiker, die Breker als „Bildhauer des Bösen“ verschmähen, verkennen laut Bicker die Tatsache, dass sich „der weitaus größte Teil unseres Volkes ebenfalls schuldig gemacht“ habe.

Diese Schuld aus unserer „grauenhaften Vergangenheit“ könne niemals abgetragen werden. „Schuld- oder Reuebekundungen reichen da nicht aus“, meint Bicker und sieht Deutschland in der Verpflichtung, die führende Rolle bei weltweiten Hilfsaktionen zu übernehmen. Zurück zur Kunst: In Auktionen werden Arno Brekers Arbeiten hoch gehandelt. Bicker hofft, dass ein differenzierter Blick auf Arno Breker auch in Düsseldorf öffentlich möglich wird, zumal der Künstler an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert und bis zu seinem Tod einen großen Teil seiner Lebens- und Schaffensjahre in der Landeshauptstadt verbracht hat.

Manfred Bickers aktuelles Buch „Arno Breker in Düsseldorf (eine Spurensuche)“ umfasst 132 Seiten mit zahlreichen Fotos. Es kann unter der ISBN-Nummer 978–3–96409–126–0 auf www.books-on-demand.de und im Buchhandel zum Preis von 45 Euro bestellt werden.

(LuMa)
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