Durch welche Maßnahmen kann Erkrath noch attraktiver für Gewerbetreibende werden und welche Maßnahmen werden bereits dazu umgesetzt beziehungsweise wie unterstützt die Politik die ansässigen Firmen?
Bernhard Osterwind: „Zentral sind preiswerte Energie wie beispielsweise günstige Wärmelösungen (Auskopplung von Wärme aus Rechenzentren, Tiefengeothermie). Bei bestehenden Gewerbegebieten gehört die Pflege der Infrastruktur (Straßen, Radwege, Radschnellwege), Öffnung für Sharing-Anbieter mit E-Mobilität, Lade- und Abstellmöglichkeiten für Pedelecs, Freiraumgestaltung mit Anpassung an den Klimawandel (Bäume, Grünflächen zur Beschattung), ein vernünftig funktionierender ÖPNV dazu. Dass von der BmU beantragte Premiumgebiet Neanderhöhe, ergänzt um Flächen für störendes Gewerbe am Autobahnkreuz, ist ein Angebot für steuerstarke Unternehmen. Wirtschaftsförderung durch kurze unbürokratische Wege zu Problemlösern im Rathaus sind selbstverständlich. Eine Verpackungssteuer lehne ich ab. Zum Standortmanagement gehört auch ein zukunftsfestes Stadtentwicklungskonzept, welches das völlig veraltete Konzept ablöst.“
Wie kann man die Zentren in Alt-Erkrath, Hochdahl und Unterfeldhaus stärken?
„Der größte Fehler ist, die Nahversorgungszentren beispielsweise in Millrath, Sandheide und Alt-Hochdahl nicht ebenfalls zu beachten. Dort sehen wir auch Belastungsfaktoren, gegen den der Einzelhandel fleißig ankämpfen muss. Die im Laufe der letzten zehn Jahre mit zunehmender Geschwindigkeit zerrütteten Finanzen der Stadt Erkrath lassen nur noch wenig Spielraum zu. Das hat Konsequenzen. Wir müssen uns an den Bedingungen beispielsweise des Landesförderprogramms ‚Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren‘ orientieren. Ergänzendes begrüntes Stadtmobiliar wird beispielsweise am Hochdahler Markt und den Verbindungsweg zum Europaplatz in Kürze installiert. Ein wesentlicher Faktor für den Einzelhandel ist die Beibehaltung der gebührenfreien Parkangebote. Städtebauliche Freiraumkonzepte müssen dem Klimawandel (Hitzeperioden, Beschattung durch Bäume, grüne Flächen,) mit Aufenthaltsqualität für alle Generationen, begegnen.“
Gibt es Ideen, wie man leer stehende Firmenimmobilien zukünftig neues Leben einhauchen könnte?
„Auf einen Antrag der BmU geht zurück, dass der Haushalt der Stadt mit einem Budget für den Ankauf von Gewerbeimmobilien ausgestattet ist. Diese Möglichkeit wird von der Wirtschaftsförderung kaum genutzt, da der Immobilienmarkt zum Teil kaum verantwortbare, spekulative Preise aufruft. Die einzelne Immobilie ist dem direkten Zugriff der Stadt verwehrt, umso bedauerlicher, dass auf den wenigen stadteigenen Flächen Erbpacht nicht höher priorisiert ist. Nicht alle Makler arbeiten beim Leerstandskataster mit, was zeigt, dass beispielsweise über den Wirtschaftskreis die informelle Zusammenarbeit gestärkt werden muss. Die Stadt könnte aber selber – das Einverständnis des Eigentümers vorausgesetzt – einen transparenten, öffentlichen Überblick über alle Leerstände anbieten, um passgenaue Lösungen für Gewerbetreibende zu finden.“
Welche Maßnahmen wurden und werden zukünftig in den einzelnen Zentren von Erkrath ergriffen, um die Bürger vor zukünftigen Hitzeperioden und Starkregenereignisse besser zu schützen?
„Das Zentrum in Unterfeldhaus ist die größte Hitzeinsel (Klimaatlas NRW). Die großen Parkplätze sind auf Überdachung durch PV-Anlagen oder aufgeständerte, begrünte Rankstrukturen zu prüfen. Starkregenereignisse haben unter den Zentren in der Vergangenheit ‚nur‘ das Subzentrum Sandheide besonders getroffen. Für Entsiegelung von Flächen gilt aber: ‚Alles was geht‘. Im Abstrom des Fließweges soll Niederschlag versickern oder rationiert abgegeben werden. Ein Maßnahmenpaket wurde auf Antrag der BmU am 24. August 2021 beschlossen: Geländemodellierung (Mulden, Terrassen, oder Ähnliches) zur Rückhaltung von Wasser sind vorzusehen. Grundsätzlich ist Ökopflaster zu verwenden. Zisternen zum Beispiel zur Brauchwassergewinnung sind anzuregen. Grünflächen dürfen nicht ungehindert auf befestigte Flächen entwässern. Auf Antrag der BmU gehört zur Checkliste auch die Darstellung von Notwasserwegen bei Bebauungsplänen.“
Welche öffentlichen Flächen in Erkrath sollen in den nächsten Jahren entsiegelt werden und wie sehen die Stadtzentren der Zukunft aus?
Wie bereits in der vorherigen Frage beantwortet: Für Entsiegelung von Flächen zur Vorbeugung gilt: ‚Alles was geht‘. Im Abstrom des Fließweges soll Niederschlag versickert oder rationiert abgegeben werden. Grünflächen dürfen nicht ungehindert auf befestigte Flächen entwässern. Durch die ruinöse Haushaltspolitik der letzten zehn Jahre kann die Stadt nur im Rahmen externer Fördermöglichkeiten Stadtzentren mit höherer Aufenthaltsqualität gestalten. „Alles was grünt“ gehört dazu und Freiflächen können durch Rankgerüste beschattet werden.“
Welchen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Erkrath attraktiver für alternative Verkehrsmittel zu machen (Stichwort Umstieg aufs Fahrrad, E-Mobilität bzw. ÖPNV)?
„Das ist ganz einfach. Die vorhandenen, aber maroden Strukturen, wie zum Beispiel der seit über zehn Jahren kaum benutzbare Radweg parallel zur Sedentaler Straße, müssen gepflegt werden. Die auf Antrag der BmU vorgenommene Untersuchung der Infrastrukturmängel zeigt seit 2024: statt der notwendigen sieben Millionen jährliche Unterhaltungskosten wendet die Stadt nur knapp 600.000 Euro auf. Die Defizite der Infrastruktur verschärfen die Defizite in der Haushaltsplanung und sind unsere ‚versteckten Schulden‘.“
Welche Maßnahmen sollen zukünftig ergriffen werden beziehungsweise welche Maßnahmen wurden in der Vergangenheit in Erkrath ergriffen, um Angriffe auf Rettungskräfte wie Feuerwehr und Polizei zu verhindern?
Keinerlei Toleranz gegenüber Gewalt. Es darf nicht sein, wie jüngst geschehen, dass Gewaltpräventionsprojekte in Erkrath am fehlenden Geld scheitern. Das kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten. Sprachförderung – in jedem Alter, besonders aber im Vorschulalter - ist der erste Schlüssel, um Barrieren zwischen Menschen abzubauen und Verständigung zu ermöglichen. Kooperation zwischen Polizei, Feuerwehr, Jugendamt und weiteren Akteuren wie Schulen und Wohnungsbaugesellschaften.“
Was kann man tun, damit sich die Bürger auf den Straßen und öffentlichen Plätzen, gerade in den Abendstunden und in der dunklen Jahreszeit, sicherer fühlen?
Auf Antrag der BmU wird die Aktion ‚Luisa ist hier‘, mit welcher Betroffene in teilnehmenden Institutionen (beispielsweise Restaurants) Hilfe finden, auch in Erkrath eingeführt wird. Mitarbeiter des Ordnungsdienstes müssen mit Verträgen ausgestattet sein, die auch Dienstzeiten am Wochenende und in der Nacht vorsehen.“
Was muss aus Ihrer Sicht geschehen beziehungsweise was ist in der Vergangenheit schon geschehen, um die Erkrather Bildungslandschaft zukunftsfähig zu machen?
„Wir müssen die Pädagogen in unseren Schulen in Ruhe ihre Arbeit machen lassen und sollten als Kommunalpolitik uns mit pädagogischen Ratschlägen und pädagogisch motivierten Raumkonzepten zurückhalten. Linke, Grüne, SPD sollten ihre Gesamtschulwünsche überdenken. In den nächsten Jahren gibt es keinen Raum für eine Gesamtschuldebatte, die zu einer Auflösung aller drei Schulen an der Rankestraße und der Realschule in Alt-Erkrath führen würden. Zunehmend bekommt die VHS eine Schlüsselfunktion bei der Vermittlung von Kompetenzen. Auch die ganze Bildungspolitik ist durch die ruinöse Finanzpolitik der letzten zehn Jahre immer schwerer finanzierbar.“
Vervollständigen Sie bitte folgende Sätze:
Ich bin in die Kommunalpolitik gegangen, weil ich in der Bürgerinitiative ‚Hände weg vom Hausmannsweg‘ gemerkt habe, dass die Entscheidungen im Rathaus mein Lebensumfeld deutlicher prägen als andere Politikfelder.
Meine beste Eigenschaft als Politiker ist, zu prüfen, ob Andersdenkende nicht doch Recht haben könnten.
Meine größte Niederlage als Politiker war bisher, dass die CO-Pipeline durch Erkrath unvernünftigerweise nicht verhindert werden konnte.
Ich setze mich für meine Stadt ein, weil zu wenige das Richtige für Erkrath tun.
Persönliche Daten:
Name: Bernhard Osterwind
Alter: 70
In der Kommunalpolitik tätig seit: 1972