Die Tafel Erkrath im Portrait Eine versorgende Gemeinschaft

Erkrath · Dank des Zusammenwirkens ganz unterschiedlicher Helfer verteilt die Tafel Erkrath regelmäßig Lebensmittel an Bedürftige – und wirkt dabei weit über die Essensausgabe hinaus.

 (v.li.) Dr. Beate Wirth zusammen mit Jochen Fischer und Christa Leininger.

(v.li.) Dr. Beate Wirth zusammen mit Jochen Fischer und Christa Leininger.

Foto: MZ

Morgens halb zehn in Erkrath: Ein heller, großer Raum, lange Tischreihen, auf denen sich Lebensmittel häufen, Menschen, die geschäftig hin und her laufen, Kisten tragen, Obst, Brot oder Wurst in Regale räumen. Die Tafel Erkrath bereitet sich auf einen Ausgabe-Tag vor. „Es ist wie in einem Taubenschlag“, sagt Dr. Beate Wirth lächelnd, die als zweite Tafel-Vorsitzende so etwas wie die Mutter der Kompanie ist. An der Bahnstraße 17 hat der Verein im vergangenen Sommer seinen neuen Standort bezogen – in einem ehemaligen Supermarkt, der dafür optimale räumliche Voraussetzungen bietet. An zwei Tagen wöchentlich werden hier Lebensmittel an Bedürftige ausgegeben. Doch was nach einem eher nüchternen Vorgang klingt, ist in Wahrheit ein lebendiges Miteinander auf allen Ebenen. Dafür sorgen die rund 90 Mitglieder, die die Erkrather Tafel heute zählt. Menschen mit ganz unterschiedlichen Biographien. Wie Giuseppe, der hier zunächst Sozialstunden leistete und seit deren Beendigung einfach weiter mitarbeitet. Oder Thomas, der 2015 aus Syrien nach Deutschland kam, und heute ein so genannter aktiver Bedürftiger ist, was bedeutet: Er wird hier versorgt und hilft selbst mit. In seinem Heimatland Agraringenieur, wäscht er in Erkrath für die Tafel Obst – und hat sichtlich Freude dabei. „Ich bekomme hier etwas, und gebe etwas zurück“, so sein Selbstverständnis.Und Menschen wie Dr. Beate Wirth, die zweite Vorsitzende und gute Seele des Vereins. Die mittlerweile 80-Jährige ist seit 2003 für die Tafel aktiv. Sie war seinerzeit gerade in den Ruhestand gegangen, als sie einen Zeitungsaufruf las. „Gesucht wurden Helfer, die Ware einholen können – und wir hatten ein geräumiges Auto“, erinnert sich Wirth und formuliert ihren Ursprungsimpuls:

„Es war Bedarf da, und wir hatten die Mittel“. Also machte sie bei der Tafel mit. Aus der Lebensmittelfahrerin von einst ist längst eine zentrale Ansprechpartnerin der Tafel geworden. Ihre eigene Rolle beschreibt sie so: „Ich mache, was gebraucht wird und sorge für gute Laune und für Einvernehmen.“ Das sei viel „kleinteiliges Organisieren“. Gleichzeitig stellt sie heraus: „Unser Vorsitzender Jürgen Mann und ich machen das immer zusammen mit anderen“. Und damit verrät sie auch das Erfolgsrezept des Vereins: Teamwork. „Es ist ein Geben und Nehmen, das prinzipiell auf jeden zutrifft, der bei der Tafel mithilft“, so Wirth. „Die Arbeit gibt einem was zurück, und die regelmäßigen Abläufe hier geben natürlich auch unseren Helfern Verantwortung.“ Und auch eine gewisse Ordnung, wie sie mit Blick auf sich selbst verrät, denn: „Auch mein Tag braucht Struktur.“ Welche organisatorische Herausforderung eine Versorgung in so großem Stil erfordert, verdeutlichen schon die nackten Zahlen: Allein 2018 sammelte die Tafel 164 Tonnen Lebensmittel ein und konnte 1047 Personen versorgen. „Wir sind den Bäckern, Diskountern und allen anderen, die uns wirklich viel zur Verfügung stellen, sehr dankbar“, betont Wirth.

Dabei handelt es sich in erster Linie um Waren, die zwar nicht mehr im Handel, aber noch einwandfrei sind. Um die Ausgabe der Tafel nutzen zu dürfen, bekommen entsprechend Bedürftige vom Sozialamt einen Beleg. Und diese so genannten „Berechtigten“ werden an den beiden Ausgabetagen per Einlassplan in Gruppen eingeteilt, denn so können für alle Beteiligten Gedränge und lange Wartezeiten vermieden werden. Das bedeutet aber nicht, dass diejenigen die an der Reihe sind, möglichst schnell abgefertigt werden. Ganz im Gegenteil. „Unsere Tafel ist auch immer ein Treffpunkt und Ort des Austauschs“, verweist die Vize-Vorsitzende auf die gesellschaftliche Funktion der Einrichtung und fügt hinzu: „Wir versuchen, auch ein bisschen sozial zu wirken. Und das klappt.“ Auch das materielle Angebot der Tafel geht über bloße Grundnahrungsmittel hinaus. So gibt es immer mal wieder bestimmte „Sonderposten“ oder kleine Überraschungen, etwa in der Weihnachtszeit oder zu Ostern, besonders für Kinder. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Nachhaltigkeit. Oder, wie Wirth es ausdrückt: „Wir versuchen wirklich, aus allem noch etwas herauszuholen.“ So gehen eigene überzählige Waren an die Verteil-Plattform „foodsharing“.

Die Vorstands-Frau versichert: „Wenn bei uns Brötchen alt sind, bringe ich die zum Bauern. Wichtig ist, dass wir dafür sorgen, dass nichts in die Tonne kommt.“ Kein Wunder, dass Beate Wirth die Tafel bei den Erkrathern „gut angenommen und verankert“ weiß. „Die Menschen wissen, bei uns kann man helfen, mit dem, was man zu geben hat.“ Wie beispielsweise die Frau, die eines Tages mit einem schönen Schinken in der Tür stand und sagte: „Ein Geschenk, das ich aber als Vegetarierin nicht esse und deshalb gerne weiterschenken möchte“. Oder wie der Rentner, der jede Woche aus seiner Privat-Sammlung drei Spielzeugautos zur Weitergabe an Kinder vorbeibringt. So hat sich die Tafel in ihrem 19. Jahr längst zu einer fest etablierten Erkrather Einrichtung entwickelt, gestemmt von einer bunten Truppe von Ehrenamtlern, zu der jeder, der mag, einen weiteren Beitrag leisten kann. Beate Wirth fasst es so zusammen: „Bei uns gibt es ein Zusammenkommen von ganz unterschiedlichen Lebensentwürfen und Fähigkeiten, die erfolgreich zusammenwirken.“ Und alle zusammen sorgen für viele dankbare Menschen....

Mehr Infos

Die Tafel Erkrath gründete sich 2001 als unabhängiger Verein – als erste Tafel im Kreis Mettmann. Sie sucht weitere ehrenamtliche Helfer für Fahrdienste und Lebensmittelausgabe.
Telefon 0211 / 2503333
Internet: www.tafel-erkrath.de.

(MZ)
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