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Protesttag der Apotheker am 14. Juni: „Die Zitrone ist jetzt ausgepresst“

Protesttag der Apotheker am 14. Juni : „Die Zitrone ist jetzt ausgepresst“

Blutdrucksenker, Antibiotika, Fiebersäfte - Lieferengpässe sind derzeit in deutschen Apotheken an der Tagesordnung. „Mittlerweile ist es so, dass bei jedem zweiten Rezept nach Alternativen gesucht werden muss, weil das Originalmedikament nicht vorrätig ist“, sagt uns Wolfgang Wittig von der Bären-Apotheke in Unterfeldhaus.

Die Stimmung in der Apothekerschaft ist mehr als schlecht: „Die Zitrone ist jetzt ausgepresst“, fasst Apotheker Wolfgang Wittig seinen Ärger und den seiner Kollegen aus Erkrath und Unterbach in einem Satz zusammen. Zehn Jahre Honorarstillstand, drastisch angestiegene Apothekenschließungen, Lieferengpässe bei Medikamenten, zu viel Bürokratie und mangelnde Wertschätzung seitens der Bundesregierung und ein eklatanter Fachkräftemangel - die Liste ist lang. Deshalb ist nun das Ende der Fahnenstange für viele erreicht: Die Apotheken in Mettmann, Ratingen und Velbert demonstrieren mit ihren Kollegen aus Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern am 14. Juni um 12 Uhr in Düsseldorf in der Nähe des Landtags.

Das Leitmotiv der Protestkampagne lautet: „Apotheken kaputt sparen. Arzneimittelversorgung gefährden. Nicht mit uns!“ Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein haben alle Apotheken aufgerufen, am 14. Juni auf dem Burgplatz in Düsseldorf aktiv gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Eine sehr hohe Streik- und Protestbereitschaft der Apotheken in Mettmann, Ratingen und Velbert ist zu erwarten. Die meisten Apotheken werden geschlossen sein - auch in Erkrath und Unterbach. Die notdiensthabenden Apotheken werden die Versorgung übernehmen. Deshalb bleibt kein Bürger unversorgt. Auch die Ärzteschaft ist informiert. Nicht dringend benötigte Rezepte sollten vor oder erst nach dem Protesttag in der Apotheke vorlegt werden. Um der Protestaktion einen sachlichen Nachdruck zu verleihen, hat der Gesamtvorstand der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. - am 28. Februar 2023 einen „Zehn-Punkte-Plan“ mit politischen Forderungen aufgestellt. „Es muss sich dringend etwas ändern“, sind sich Wolfgang Wittig und seine Kollegen aus Erkrath und Unterbach einig. „Für viele ist der Beruf des Apothekers schon lange nicht mehr so attraktiv. wie er einst war. Das wirtschaftliche Risiko ist mittlerweile viel zu hoch und die Perspektiven zu schlecht.“ Das Apotheken-Sterben, besonders im ländlichen Raum, hat schon längst begonnen.

So ist die Zahl der Apotheken in Deutschland zum Jahresende 2022 um 393 auf 18.068 Betriebsstätten gesunken. Das ist der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik. Ende März 2023 wurde mit 17.939 Apotheken der historisch niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren erreicht. Im europäischen Vergleich rutscht Deutschland hinsichtlich der Apothekendichte in den statistischen Tabellenkeller. Je weniger Apotheken den Patienten zur Verfügung stehen, je weiter könnte in Zukunft der Weg zu einer diensthabenden Nacht- und Notdienstapotheke

werden.

„Wir freuen uns über den großen kollegialen Schulterschluss am Protestag und das Verständnis unserer Kunden und Patienten. Denn sie erleben tagtäglich, dass die Belastungen der Apothekenteams immer größer werden und die Lieferengpässe nicht enden“, erklärt Inge Funke, Pressesprecherin der Apotheken in Mettmann, Ratingen und Velbert. „Es ist noch nicht zu spät, das Ruder herum zu reißen, aber es muss nun schnell gehandelt werden“, so die Apotheker aus Erkrath und Unterbach unisono.

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Politische Forderungen der Apothekerschaft

Der Gesamtvorstand der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. beschloss am 28. Februar 2023 folgende prioritären Forderungen der Apothekerschaft:

1. Erhöhung des Fixums in der Arzneimittelpreisverordnung

Das in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegte „Fixum“ (derzeit: 8,35 Euro netto) muss auf 12 Euro erhöht werden.

2. Regelung zur indexierten Erhöhung des Fixums

Dieses Fixum muss durch einen regelhaften Mechanismus jährlich an die Kostenentwicklung angepasst werden, ohne dass es gesonderter Maßnahmen des Gesetz- oder Verordnungsgebers bedarf.

3. Einführung einer zusätzlichen regelmäßigen Pauschale für jede Betriebsstätte

Diese Pauschale dient der Grundsicherung der Flächendeckung und soll für jede Betriebsstätte gleich hoch sein.

4. Handlungsfreiheit für Apotheken für die schnelle Patientenversorgung

Die größeren Entscheidungsfreiheiten ermöglichen eine schnelle Versorgung der Patientinnen und Patienten und vermeidet in deren Interesse gefährliche Therapieverzögerungen, insbesondere auch bei Lieferengpässen. Die verordnenden Ärzte werden von bürokratischem und zeitlichem Aufwand entlastet.

5. Reduzierung von Retaxationsverfahren auf das sachlich gebotene Maß

Vollständige Verweigerung der Bezahlung des Preises des abgegebenen Arzneimittels müssen verboten werden, wenn der/die Versicherte entsprechend der ärztlichen Verordnung versorgt wurde. Teiltretaxationen sind nicht ausgeschlossen, müssen aber auf den Betrag beschränkt werden, der sich aus dem Zuschlag (Fixum plus drei Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis) ergibt. Formfehler, die der verordnende Arzt / die verordnende Ärztin verursacht hat, berechtigen nicht zu einer Retaxation.

6. Engpass-Ausgleich

Für den zusätzlichen Aufwand bei der Bewältigung von Lieferengpässen muss ein angemessener finanzieller Ausgleich („Engpass-Ausgleich“) geschaffen werden.

7. Beseitigung der finanziellen Risiken aus dem Inkasso des Herstellerrabattes für die Krankenkassen

Für den Fall, dass die Apotheke bei Zahlungsunfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers von diesem keinen Ausgleich für den an die Krankenkasse geleisteten Herstellerabschlag erhält, muss die Krankenkasse zur Rückerstattung des von der Apotheke verauslagten Herstellerrabattes verpflichtet werden.

8. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Arzt-Apotheker-Kooperation beim Medikationsmanagement

Es muss eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden, dass Vertragsärzt*innen und Apotheken als Leistungserbringer in der Regelversorgung (nicht nur wie bisher in Modellvorhaben wie ARMIN) bundesweit und für Versicherte aller Krankenkassen ein gemeinsames Medikationsmanagement anbieten können.

9. Einschränkung des Präqualifizierungsverfahrens

Die Apotheken müssen von der Notwendigkeit der Durchführung des Präqualifizierungsverfahrens im Hilfsmittelbereich ausgenommen werden, soweit die Qualität ihrer Leistungserbringung bereits durch andere regulatorische Maßnahmen sichergestellt ist.

10. Einzelmaßnahmen zum Bürokratieabbau

Regulatorische Anforderungen, deren Zielsetzung entfallen oder anderweitig gewährleistet ist, sind zu streichen.

(nic)