Wie immer ist der Besucher schon automatisch darauf eingestellt ein wenig früher zu kommen. Über die vielen Jahre hat sich eine Gemeinschaft gebildet, die sich kennt und die immer gerne vor der Veranstaltung einen kleinen Plausch hält. Man kann die Besucher schon fast als Familie bezeichnen. Leider hielt sich die Anzahl der Gäste an diesem Samstagabend in Grenzen. Das doch erdrückende heiße Wetter tat wohl sein Übriges. Trotzdem hatten die, die gekommen waren, eine unbeschreibliche Vorfreude und waren neugierig was kommt.
In einem liebevoll gestalteten Wohnzimmer öffnete Beate Sarrazin dann die Türen zu ihrem beliebten Wohnzimmertheater. Die Gastgeberin, bekannt für ihre herzliche Art, begrüßte die Gäste mit einem charmanten kleinen Gespräch, bevor sie sie in das gemütliche Ambiente des kleinen Theaters führte. Die Veranstaltung sollte im Wechsel von Musik und Theater ablaufen.
Der Abend begann mit einem Flötenstück von Ikutaro Igarashi, sehr einfühlsam und liebevoll vorgetragen. Ikutaro und seine Traversflöte verschmolzen zu einer Einheit. Es war eine angenehme Musik, die einen fast schon in das Land der Träume führte. Dann kam der erste Auftritt von Beate Sarrazin mit dem von ihr inszenierten Stück „Ein Scherz“ von Anton Tschechow.
In dieser wunderbaren Liebesgeschichte im Schnee geht es um ein Wagnis und um verpasste Chancen. Obwohl der Mann (Erzähler) Nadenka liebte, hat er es nicht gewagt, zu dieser Liebe zu stehen, sie auf sich zu nehmen, und Jahre später bereut er es bitter. Er hat diese Liebe verpasst, und sie hatte somit auch nicht eine Chance... Diese sensible Geschichte mit vielen feinen Nuancen wurde einfühlsam und anspruchsvoll gespielt. Man muss nicht extra erwähnen, dass Beate Sarrazin den Part mit Inbrunst darbot und alle Register ihres schauspielerischen Könnens darbot. Ein Zuckerstück für Augen und Ohren.
„Nadenka“ bedeutet „Hoffnung“ und wurde im weiteren Verlauf der Geschichte zu einer Art Leitmotiv. Es folgte im Anschluss des Theaterspiels erneut ein Flötenstück, dass an Intensität dem ersten gleichwertig war.
Noch intensiver spielte dann Beate Sarrazin die von ihr inszenierte satirisch-humorvolle Szene „Die Hundenase“ von Michail Sostschenko. Hierin entpuppen sich ehrbare Vorkämpfer einer idealen Gesellschaft als kleinkarierte Betrüger. Die Handlung spielt zur Zeit der russischen Revolution. Es gab viel Armut und etliche Menschen gingen krumme Wege, um zu überleben. Nach außen aber musste ein Bild gespielt werden, dass die Revolution allen Gerechtigkeit verschaffte und jeder sich in ehrenwerter Weise an die Gesetze hält. Der Zuschauer erfuhr was sich im Verborgenen abspielte.
In dem Gedicht „An den Mond“, wir schreiben das Jahr 1778, geht ein junger Mann, 26 Jahre alt, einen Fluss in wunderschöner Natur entlang. Der Mond scheint. Und der junge Mann hat großen Liebeskummer. „Im Trennungsschmerz entstehen oft die schönsten Gedichte. Der junge Mann hofft auf die heilende Wirkung der Natur und bittet, fast flehend, um Befreiung von seiner Qual“, so Beate Sarrazin.
Die beiden Gedichte zum Ausklang des Abends - „Ich danke dem Leben“ und „Das kann doch nicht alles gewesen sein“ - stellen einen Dank dar an dieses wunderbare Leben. Wir sollten dankbar sein für alles Schöne, das Beste daraus machen. „Diese Dankbarkeit für das Leben, das ist für mich auch ein ganz entscheidendes Motiv für das Theater. Und unausgesprochen ist es auch eine Anklage gegen all die schrecklichen Kriege. Ganz im Sinne des Liedes ‚What a wonderful world‘, welches im Gegensatz zu den Gräueln des Vietnam-Krieges stand und steht und damit seinerzeit auch eine Anklage gegen den Krieg darstellte“, sagt Beate Sarrazin.
Mit dem „Theater Anderswo“ gibt es ein Kleinod in Erkrath, das einen Tipp für Kulturliebhaber wert ist. Neben den städtischen Kulturveranstaltungen hat Erkrath noch so einige kleinere Locations und Gruppen, wie das Theater Spotlight oder Poetry Slam in Stockies Bistro und weitere zu bieten, die die kulturelle Vielfalt bereichern.
Vorankündigung: Am 12. und am 13. September, jeweils um 19 Uhr, findet im „Theater Anderswo“ die Uraufführung eines von der Autorin Beate Sarrazin inszenierten Theaterstücks statt: „Tanzende – Blick durch ein offenes Fenster. Willkommen Brasilien!“. Im zweiten Teil des Abends präsentiert das legendäre Tänzerpaar Didi und Patricia aus Porto Seguro Bahia Brasilien eine Tanz-Performance. Weiterhin spielt Beate Sarrazin ihr Brasilienstück noch einmal im „Theater Anderswo“ am 4. Oktober, 19 Uhr.