Nachlese zur Kunstmeile 2025 „Die Unterbacher kennen und lieben die Kunstmeile“

Unterbach · Am letzten Wochenende lud die unart Kulturinitiative Unterbach e.V. zur Kunstmeile nach Unterbach ein. An acht unterschiedlichen Kunstpunkten konnte man Skulpturen, Fotografien, Metallobjekte, Schmuck, Kalligraphie und Malerei von 26 Kunstschaffenden bewundern.

Ein echter Hingucker waren die Tierportraits von Angelika Lorenz (li.) auf der Unterbacher Kunstmeile.

Foto: Niklas Gründker

(NG) Auf eine offizielle Eröffnung hatte man in diesem Jahr verzichtet. Neu war auch, dass zehn Kunstschaffende ihre Werke im Schulgebäude der Wichernschule gemeinsam präsentierten. Sehr herzlich wurde man im Atelier Kühn-Löwe auf der Flachskampstraße empfangen. Das Künstler-Ehepaar stellte nicht nur selbst aus, sondern bot im eigenen Haus auch Gisela Brill und JP Köhler Raum für ihre Werke. Gisela Brill fertigt unter anderem Unikate und nutzt hierzu die Jahrtausende-alte Technik „Feuer-Email“. Hierzu wird fein-gemahlenes Spezialglas in mehreren Schichten dünn auf geeignetes Metall aufgetragen und nach jeder Schicht bei rund 800 Grad Celsius gebrannt. So sind beispielsweise kleine Salzschalen entstanden, die man in unterschiedlichen Formen und Farben bewundern konnte. Für deckellose Zuckerdosen kreiert sie neue Deckel, die zwar in der Form zur vorhandenen Dose passen, doch im Design ein Unikat darstellen. Auch einige Stücke aus ihrer Schmuckkreation stellte sie in der großen, hellen Küche Kühn-Löwes vor.

Auch tolle Schmuckstücke gab es zu entdecken.

Foto: Niklas Gründker

JP Köhler rückte seine farbenfrohen Objekte und Skulpturen im Wohnzimmer des Ehepaars ins rechte Licht. Hier konnte man auch einige Druck-Grafiken und Bilder von Ruth Kühn-Löwe bewundern. Durch den Garten gelangte man in das Atelier von Prof. Dr. Wolfgang Kühn, der lebhaft interessante Geschichten über die Entstehung seiner Kunstwerke zu berichten wusste. Über eine Skulptur aus Kupferblechen auf seiner Terrasse erzählte er: „Zur Freude meiner Gattin habe ich morgens in der Ferienwohnung vier Kilogramm Zwiebeln geschält und dann die Zwiebeln mit Sojasoße gemischt. Nach dem Löten der einzelnen Tüten habe ich diese dann mit dem Gemisch umwickelt und erst Meersalz und dann noch Essig hinzugefügt. In einem Kunststoffsarg habe ich das Ganze dann ein paar Tage in Ammonium prozessieren lassen. Zwiebeln und Soja sorgen so für die eher bräunliche Färbung und Seesalz und Ammonium bringen das Türkis zum Vorschein.“

Viele interessierte Besucher kamen zur Unterbacher Kunstmeile.

Foto: Niklas Gründker

In der Turnhalle der Wichernschule stellte unter anderem Fotograf Herbert Kröll seine schwarz-weiß Fotografien aus. Als Mitglied der Kulturinitiative Unterbach e.V. beteiligt er sich seit fünf Jahren regelmäßig an der Kunstmeile, die bereits zum 26. Mal stattfand. Seit über 50 Jahren ist das Fotografieren seine große Leidenschaft. Über Collagen gelangte er zur schwarz-weiß Fotografie, auf die er sich inzwischen spezialisiert hat. „Das Spiel von Licht und Schatten fasziniert mich wahnsinnig.“, begründet er seine Entscheidung. „Farbe kann jeder - was so allgemein natürlich auch nicht stimmt“, fügte er augenzwinkernd hinzu. Alle seine Schwarz-Weiß-Fotografien werden hinter einem weißen Passepartout in schwarzen Rahmen gekonnt in Szene gesetzt.

Dass insgesamt neun Kunstschaffende die Turnhalle der Wichernschule als Ausstellungsort nutzten, war den steigenden Raummieten der Kirche in Unterbach geschuldet: „Wir bedauern sehr, dass die Kirche die Kunst nicht mehr unterstützt“, verrät Pressesprecherin Irmgard Hamacher. Auch eine offizielle Eröffnung mit Live-Musik wurde aus Kostengründen in diesem Jahr eingespart, berichtet sie weiter. Im Gespräch verrieten die Künstler allerdings auch, dass diese in der Vergangenheit mit Stress verbunden war, da die ersten Gäste bereits ihren Weg durch Unterbach suchten, während alle Künstler noch bei der Eröffnung waren. Im Gespräch mit Besuchern scheint die Turnhalle jedoch noch nicht zu überzeugen: zu groß, neutral und leer wirkte die Turnhalle, verloren die Kunst, die an allen Wänden und an drei Ständen in der Mitte der Halle ausgestellt wurde. Bedauerlich sei es zudem, dass durch das Zusammenfassen vieler Künstler an einem Ort weniger Orte in Unterbach zur Verfügung stehen. „Ich habe das Gefühl, dass einiges los ist. Es ist ein stetiges Kommen und Gehen“, stellte Hamacher nichtsdestotrotz fest, „die Unterbacher kennen und lieben die Kunstmeile.“

Ein besonderes Highlight war zudem im „Zentrum Plus“ der AWO zu besichtigen: hier stellte Angelika Lorenz detailgetreue Tiermalereien aus. Wie viel Zeit sie in eines ihrer Bilder investiert wird sie am häufigsten gefragt, kann sie aber gar nicht sagen: „Ich führe da kein Buch, ich male einfach und wenn ich fertig bin, dann bin ich fertig“. Auf den ersten Blick könnte man meinen es handle sich um Fotografien, so echt und lebendig schauen Waschbär, Giraffe und Co. aus – ein wahrer Publikumsmagnet. Hier zeigt sich noch einmal das Potenzial der Kunstmeile: nirgends sonst ist es so einfach und unkompliziert mit Kunstschaffenden zu ihren Werken ins Gespräch zu kommen. Ohne Eintritt und ganz niederschwellig kann man mit Kunst und Künstler in Berührung kommen. Wie bereits im letzten Jahr stellte auch in 2025 die Wasserburg Haus Unterbach Kunstschaffenden Ausstellungsfläche zur Verfügung. Hier konnte man das Kunsterlebnis mit einem Herbstspaziergang durch den wunderschön angelegten Park verbinden. „Es ist ein Geschenk des Himmels, dass wir diese tollen Räumlichkeiten nutzen können“, erzählte Christa Diefenbach, die dort ihre Steinskulpturen präsentierte. Im Kontrast zur Halle der Wichernschule bietet ein Kamin hier wohlige Wärme und lädt ein, die Kunst in aller Ruhe und gemütlicher, familiärer Atmosphäre zu betrachten.

(NG)