Bühnenkunst aus Hochdahl Die geliebte Stimme’ im Theater Anderswo

Hochdahl · Es ist immer das gleiche Prozedere: Man erklimmt die vier Stockwerke im Naheweg 25, die Tür geht auf, eine etwas, aber wirklich nur etwas angespannte Beate Sarrazin öffnet höchstpersönlich, umarmt einen herzlich und heißt einen willkommen. Man entflieht dem Schmuddelwetter draußen in das etwas freundlichere Treppenhaus und ist endlich im Wichtigsten, zumindest im Vorraum dazu. Hier herrscht eine menschliche Wärme, die einem gut tut und den Abend mitbestimmen wird.

 Beate Sarrazin in "Die geliebte Stimme".

Beate Sarrazin in "Die geliebte Stimme".

Foto: Timo Kremerius

Da noch genügend Zeit ist, genießt man den angeregten Small Talk vor der Veranstaltung mit den anderen Gästen und merkt gar nicht, wie die Zeit vergeht. Man trifft Stammgäste, Wiederholungstäter und immer wieder Neue. Schneller als man denkt, ist es soweit und die Tür zum Theaterraum öffnet sich. Kurze allgemeine Begrüßung, das Licht wird abgedunkelt, Beate sammelt sich und los geht's.

Das Stück „Die geliebte Stimme“ ist doch sehr schwere Kost, die von Beate Sarrazin hervorragend dargestellt wird. Das Bühnenbild, spartanisch, aber eindrucksvoll ausgestattet, beinhaltet alles, um den Zustand der verlassenen Frau aufzuzeigen. Es herrschte übersichtliches Chaos.

Beate Sarrazin schaffte hervorragend den Spagat zwischen himmelhochjauchzend, immer wenn eine unterbrochene Verbindung am Telefon wieder hergestellt wurde und sie seine Stimme hörte und zu Tode betrübt, wenn sie wieder einer Lüge auf der Spur gekommen ist. Eindrucksvoll wie man durch Ermangelung eines visuellen Bildes Lügen kann, das sich die Balken biegen.

Zitat: „Es gibt Lagen, in denen eine Lüge gut und nützlich ist“ (Jean Cocteau).

Aber die menschlichen Abgründe, und das permanente Aufdecken der Lügen des anderen war schon sehr bedrückend. Beate Sarrazin schaffte es eindrucksvoll die ganze Spannbreite menschlicher Gefühle sowohl mimisch als auch sprachlich mit Einsatz aller ihrer Schauspielkunst abzudecken.

Der Schluss endete tragisch und doch offen. Sie spielt mit dem Gedanken in ihrer Verzweiflung, aber geht sie bis zum Äußersten? Die Frau sagt: „Dass die Stimme durch so eine dünne Schnur kann“ Die Schnur liegt schon um ihren Hals. „Sie ist das Letzte, was mich mit dir verbindet“.“ Jetzt muss ich mich von dir trennen.“ Mit viel Applaus dankt das Publikum Beates Darbietung eines nachdenklich stimmenden Stücks.

Den zweiten Teil des Abends bestritt Klaus Grabenhorst, der wieder tief in seine „Geschichten- und Gedichte-Kiste“ greift und ein paar wichtige „Unwichtigkeiten“, Gedanken und Perspektiven auf unsere Zeit und was mit uns passiert mit seinem Publikum teilte. Klaus Grabenhorst packt sein Publikum, es wird gemütlich, man summt mit, man staunt über Hintergrundgeschichten und genießt seine Lieder. Ein bisschen Lagerfeueratmosphäre im Wohnzimmer.

Vorankündigung: Am 14. Januar, 16 Uhr, wird im Theater Anderswo das Andersen-Märchenstück „Das hässliche Entlein“ aufgeführt. Inszenierung und Spiel: Beate Sarrazin. Für Kinder im Grundschulalter und Erwachsene.

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