Europa-Politik hautnah

Alt-Erkrath · Er ist Präsident des Europäischen Rechnungshofs, war Mitglied des Europäischen Parlaments, Bundestagsabgeordneter und Ratsmitglied in Düsseldorf und … einst war er Schüler des Gymnasiums am Neandertal.

 Der „Ehemalige“ Klaus-Heiner Lehne, heute Präsident des Europäischen Rechnungshofes mit Sitz in Luxemburg mit Schülern der SOWI Kurse der Q1.

Der „Ehemalige“ Klaus-Heiner Lehne, heute Präsident des Europäischen Rechnungshofes mit Sitz in Luxemburg mit Schülern der SOWI Kurse der Q1.

Foto: RG

(RG) Am vergangenen Freitag war Europa Projekttag am GymNeander und anlässlich dieses Tages hatte sich hoher Besuch angekündigt. Klaus-Heiner Lehne, Präsident des Europäischen Rechnungshof, nahm an einer Podiumsdiskussion mit anschließender Fragerunde teil und überzeugte sich anschließend bei eine Rundgang von den Veränderungen an der Schule, in der er 1976 selbst sein Abitur gemacht hat.

Für die Q1 Schüler der Sozialwissenschaftskurse eine willkommene Gelegenheit über Europa zu diskutieren und Fragen an Lehne zu richten. An diesem Vormittag erfuhren sie vieles über die Europa-Politik, was in Medien und der öffentlichen Wahrnehmung wenig präsent ist und kritisierten, dass die Bürger in den Ländern Europas zu wenig von den Themen im Europarlament mitbekommen. "Es ist keine leichte Aufgabe alles, was im Europaparlament verhandelt wird, in 22 Sprachen zu übersetzen und in 27 Ländern in den Medien zu platzieren", versuchte Lehne den Schüler zu vermitteln, welche kommunikationslogistische Aufgabe für die gewünschte Transparenz in allen Ländern zu bewältigen ist.

"Hier reden alle von der Kommune, vom Land oder vom Bund, keiner redet von Europa", erklärte einer der Schüler. Eine Schülerin wollte wissen, was im europäischen Parlament dafür getan wird Polen und Ungarn, Länder, in denen Justiz und Pressefreiheit teils extrem unter Druck stehen, zum Umdenken zu bewegen. Lehne informierte, dass in den Ländern bereits ein Umdenken stattgefunden hat, dass dort ein Prozess der Veränderung beginnt.

Ein Schüler war der Meinung, dass die Probleme in Europa nur über eine Konzentration gelöst werden können, bei der die Nationalstaatlichkeit aufgehoben wird und die einzelnen Länder nur noch Regionen innerhalb Europas sind. Ein Staat Europa wäre aus seiner Sicht richtig, weil dann nicht mehr jeder zuerst an sich denkt. Lehne erklärte, dass wir bereits Kompetenzen an die globalisierte Welt abgeben und Europa nie die volle Souveränität eines großen Staates haben wird, aber künftig noch mehr Vereinigung zu erwarten sei. Er berichtete, wie Europa nach dem zweiten Weltkrieg langsam zusammen gewachsen ist und welche Verträge und Vereinigungen zur heutigen Europäischen Union geführt haben. "Die einzelnen Länder der Europäischen Union werden vor allem die Souveränität bei ihren Sozialsystemen behalten wollen. Die sind in mehr als einem Jahrhundert gewachsen", erklärte er, warum ein Staat Europa nicht kommen wird.

"Das klingt ja alles schön, wie Sie das schildern. Aber viele Bürger bekommen zu wenig davon mit und nehmen eher wahr, was die AfD hier verlauten lässt und stemmen sich dann gegen Europa", gab ein Schüler zu bedenken. Lehne sieht die Gründe vor allem in massiven wirtschaftlichen Sorgen. Prostestgruppen müsse man seiner Meinung nach einfangen. Er ist der Meinung, dass die Regierung die Probleme erkannt hat und dass vieles dazu schon im Koalitionsvertrag steht. Schuld für den Aufschwung der Populisten sehen Lehne und die Schüler auch bei den Medien, die ihnen zu viel Aufmerksamkeit gegönnt haben.

Zwei Stunden haben Lehne und die Schüler angeregt diskutiert und er hat viele Fragen beantwortet. Er schloss die Diskussion mit der Erinnerung daran, dass wir heute in Europa historisch in der längsten Friedensperiode leben, die Europa je erlebt hat und das das der eigentlich entscheidende Erfolg ist. Gleichzeitig sei die Europäische Union die Antwort auf die Globalisierung, weil die Länder Europas allein keinen Einfluss auf die Weltpolitik haben. Den Schüler riet er, sich mehr zu engagieren. Wenn nicht politisch, dann gesellschaftlich, wie zum Beispiel in der freiwilligen Feuerwehr.

Draußen auf dem Schulhof bemerkte Klaus-Heiner Lehne schmunzelnd "An diesem Ort hat sich nicht viel verändert, seit ich hier zur Schule gegangen bin." Aber das war natürlich, bevor Schulleiter Hans Gruttmann mit ihm den Rundgang durch die Schule antrat.

Foto: RG

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