1. Die Stadt

Post aus Berlin: Stellungnahme von Michaela Noll MdB zur Glosse „Sommerzeit im Bundestag“ vom 6. Juli

Post aus Berlin : Stellungnahme von Michaela Noll MdB zur Glosse „Sommerzeit im Bundestag“ vom 6. Juli

"In Ihrer Glosse "Sommerzeit im Bundestag" vom 6. Juli fordern Sie Ihre Leserinnen und Leser auf, bei mir nachzufragen, was es mit dem "Netzwerkdurchsetzungsgesetz", "Bundes-Trojaner" und dem "Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz" auf sich hat.

Ich freue mich immer, wenn sich Bürgerinnen und Bürger an mich wenden, wenn sie Fragen haben, Kritik üben oder meine Meinung zu einem Thema kennenlernen möchten. Denn eine meiner wichtigsten Aufgaben als Bundestagsabgeordnete ist es, den Menschen in meinem Wahlkreis zu erklären, was wir in Berlin machen und warum wir dies tun.

Nicht einverstanden bin ich aber mit der Wortwahl Ihres Artikels, dass "mal eben so nebenbei drei Beschneidungen unserer Grundrechte beschlossen" wurden. Zugegeben: Bei einigen Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode hätten wir uns mehr Zeit gewünscht. Aber dem Vorwurf, wir würden nicht gründlich arbeiten oder unter dem Radar fliegen, muss ich widersprechen. Bei der schwierigen Abwägung zwischen zwei so wichtigen Gütern wie der Freiheit und der Sicherheit gilt es, die Balance zu finden. Ohne Frage kann man hier zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. In jedem Fall ist aber äußerste Sorgfalt geboten. Und dieser Verpflichtung kommen wir nach.

Gesetze beschließen wir nicht "nebenbei und mal eben so". Sondern der Verabschiedung geht in der Regel ein langer Prozess, ein parlamentarisches Verfahren voraus (u.a. Beratungen in den Fachausschüssen, Befragung von Sachverständigen in Anhörungen, Diskussion im Plenum). All diese Schritte können von einer interessierten Öffentlichkeit verfolgt werden. Und Zuschriften aus meinem Wahlkreis zu diesen Themen zeigen, dass die Menschen in meinem Wahlkreis genau dies tun.

Zu den einzelnen Gesetzen:
Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz machen wir deutlich: Die Rechtsordnung gilt auch im Internet! Wir verpflichten wir Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook zu einem konsequenteren Umgang mit strafbaren Inhalten und entsprechenden Nutzerbeschwerden. Sie müssen ein wirkungsvolles System in Form eines Beschwerdemanagements aufbauen, damit Hinweise von Bürgern über Rechtsverletzungen bearbeitet werden und in offensichtlichen Fällen auch schnell gelöscht werden.

Im ursprünglichen Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) war nicht ausreichend beachtet worden, dass die Betreiber zur Vermeidung von Bußgeldern auch rechtmäßige Inhalte löschen könnten und damit auch die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit tangiert wäre. Der freie Austausch von Meinungen ist ein Kernelement und Grundlage der Demokratie. Rede und Gegenrede und auch zugespitzte Äußerungen sind elementare Bestandteile einer kontroversen und demokratischen Debatte. Deshalb hat die CDU im parlamentarischen Verfahren Änderungen durchgesetzt, damit es für die Betreiber keine Anreize mehr gibt, auch rechtmäßige Inhalte zu löschen. Dort, wo Rechtsverletzungen nicht auf den ersten Blick klar sind, haben Unternehmen jetzt mehr Zeit zu Bearbeitung. Und damit in diesen Fällen eine Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit ausgeschlossen ist, können Plattformen nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes unabhängige Entscheidungseinrichtungen einbinden.

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Mit dem "Bundes-Trojaner" spielen Sie auf Regelungen an, die im "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" zu finden sind. Ganz grundsätzlich gestalten wir mit diesem Gesetz Strafverfahren unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze effektiver aus. Hierzu haben wir Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung sowie Verfahrensvereinfachung in Ermittlungs-, erstinstanzlichen und Revisionsverfahren eingeführt. Das Gesetz wurde am 22. Juni im Bundestag beschlossen.

Strafverfolgung muss auch in der digitalen Welt möglich sein. Bislang wurde rechtlich zwischen Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten unterschieden. Die herkömmliche Telekommunikationsüberwachung ist aber an ihre Grenzen gestoßen, seitdem Täter verschlüsselte Messenger-Dienste nutzen. Sie stimmen mir sicher zu, wenn ich sage, dass es bei Straftätern keinen Unterschied machen darf, ob sie auf herkömmlichem Weg telefonieren, die Sprachtelefonie-Funktion von Messenger-Diensten nutzen, Nachrichten schreiben oder über soziale Medien kommunizieren. Deshalb müssen Sicherheitsbehörden rechtlich und technisch in die Lage versetzt werden, auch auf Nachrichten von Messenger-Diensten zugreifen zu können. Sonst macht polizeiliche Ermittlungsarbeit präventiv, aber auch repressiv keinen Sinn.

Es gilt: Die Anwendung dieser Maßnahmen muss ein Richter verfügen. Dabei sind die rechtlichen und auch die technischen Hürden so hoch, dass ihr Einsatz nur bei schwerster Kriminalität in Frage kommt. Um es einmal ganz deutlich zu machen: Wir sprechen hier über Straftaten wie zum Beispiel die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Kinderpornografe, Mord und Totschlag oder schwerer Raub mit Todesfolge.

Mit dem "Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz) ziehen wir die national erforderlichen Konsequenzen aus den Enthüllungen im Zuge der sogenannten "Panama Papers". Es wurde im Bundestag bereits am 18. Mai beschlossen, der Bundesrat hat am 2. Juni zugestimmt.

Mit den Regelungen werden inländischen Steuerpflichtigen die Möglichkeiten erschwert, mittels Briefkastenfirmen in Steueroasen ihre Steuerpflichten in Deutschland zu umgehen. Hierfür wurden Mitwirkungspflichten ausgedehnt, neue Anzeigepflichten für Banken eingeführt und die Finanzverwaltung mit umfassenden Ermittlungsbefugnissen ausgestattet.

Ein Aspekt der Stärkung der Ermittlungsbefugnisse der Finanzverwaltung ist die Aufhebung des sog. steuerlichen Bankgeheimnisses (§ 30a Abgabenordnung - AO). Dadurch wird klargestellt, dass Kreditinstitute bei der Mitwirkung zur Aufklärung des steuerlichen Sachverhalts gegenüber den Finanzbehörden dieselben Rechte und Pflichten haben wie andere auskunftspflichtige Personen. Finanzbehörden können daher künftig Auskunftsersuchen und auch Sammelauskunftsersuchen genauso an inländische Kreditinstitute richten wie an andere Personen.

Anlasslose Ermittlungen bei Kreditinstituten sind trotz der Änderung aber auch in Zukunft unzulässig. Hier geht es ausdrücklich nicht um das zivilrechtliche Bankgeheimnis, das vor Datenweitergabe von Banken etwa an andere Unternehmen schützt. Es geht darum, dass bei Betriebsprüfungen von Banken Zufallsfunde über Geschäftsbeziehungen von Bankkunden zu ausländischen Briefkastenfirmen von der Finanzverwaltung für weitere Ermittlungen ausgewertet werden dürfen. Bisher erlaubt dies das "steuerliche Bankgeheimnis" mit Blick auf das Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und ihren Kunden nicht.

Die Aufhebung des § 30a AO hat nicht zugleich den "gläsernen Bürger" zur Folge. Zum einen werden durch die Aufhebung des § 30a AO lediglich bisherige Ermittlungsbeschränkungen aufgehoben, neue Ermittlungsbefugnisse werden dadurch aber nicht geschaffen. Zum anderen dürfen die der Finanzverwaltung bekannt gewordenen Details vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) nur bei Vorliegen der gesetzlich normierten Ausnahmetatbestände verwendet oder offenbart werden. Das Steuergeheimnis bleibt unverändert in seiner bisherigen Wirkung bestehen. Durch das Steuergeheimnis wird alles geschützt, was den Finanzbehörden in einem Besteuerungsverfahren bekannt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Tatsachen für die Besteuerung relevant sind oder nicht. Das Steuergeheimnis erstreckt sich dabei auf die gesamten persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und privaten Verhältnisse der Steuerpflichtigen, ist also vollumfassend. Ausnahmen zur Durchbrechung des Steuergeheimnisses sind nur in ganz genau gesetzlich definierten Ausnahmen (z. B. zur Durchführung eines Strafverfahrens oder soweit das Gesetz die Offenbarung ausnahmsweise ausdrücklich erlaubt— z. B. in bestimmten Verfahren in Familiensachen). Änderungen an diesen Grundsätzen und damit dem Steuergeheimnis sind durch das Gesetzgebungsverfahren nicht erfolgt und sind derzeit auch nicht beabsichtigt. Sowohl das zivilrechtliche Bankgeheimnis als auch das Steuergeheimnis bleiben also unverändert bestehen.