Lehren und lernen im alten Hochdahl

Hochdahl · Im 19. Jahrhundert waren Lehrer zwar hoch angesehen, aber schlecht bezahlt und einige führten ein hartes Leben, wie der erste Lehrer der alten Schule in Bruchhausen.

 Karl Gottfried Jooß mit einer seiner Schulklassen.

Karl Gottfried Jooß mit einer seiner Schulklassen.

Foto: Naturschutzzentrum Bruchhausen

(RG) Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Schulen in Erkrath durch den Zuzug vieler Familien vor allem in Hochdahl und Bruchhausen, hoffnungslos überfüllt. So entstand 1859 die erste private evangelische Elementarschule, die kaum zehn Jahre später aufgrund der gewachsenen Schülerzahl zur öffentlichen Schule wurde. Damit begann die Geschichte der alten Schule in Bruchhausen, die heute Standort des Naturschutzzentrums Bruchhausen ist. Und damit begann auch der leidvolle Weg des ersten Lehrers der Schule, Karl Gottfried Jooß. Für den notwendigen Schulneubau waren zwei Standorte im Gespräch. Der eine lag an der Kreuzung Clefer Weg mit der Bruchhauser Straße, der andere in der Nähe der Hochscheuer, dem Trappenberg. Jooß hätte letzteren bevorzugt, der günstiger lag, aber aufgrund des festgelegten Schulbezirks fiel die Wahl auf Bruchhausen.

Glücklich war er über diese Entscheidung keineswegs und schrieb in der Schulchronik, dass Eltern aus Hochdahl das Interesse am Schulneubau verloren hätten, weil ihre Kinder einen zu weiten Schulweg hätten. Seine Bedenken waren nicht unbegründet. Einige Jahre später hält er in der Chronik fest "Dazu kommt noch, dass der bisher kürzeste Weg für die Hochdahler Schulkinder dieses Frühjahr gesperrt wurde, so dass diese einen 2800 Schritte mehr betragenden Schulweg, dazu noch auf dem verbotenen neuerbauten Schlackenwege der Hütte, zu machen haben. Der ohnehin schon ziemlich große Prozentsatz an Schulversäumnissen wird des schlechten und jetzt weiteren Schulweges wegen bei Unwetter umso größer. Denn als eigentlich unwetterfreie Monate sind auf dem Land höchsten Monate Juni, Juli und August anzusehen."

Im Jahr 1889 hat er in einer Februarwoche mit Schneefällen und Schneeverwehungen das Fehlen der Schüler von Montag bis Samstag festgehalten. 81 Schüler besuchten damals die Schule in Bruchhausen. Montags fehlten 66, dienstags 57, mittwochs 48, donnerstags sogar 78, freitags 61 und samstags 54 Schüler.

Lehrer Jooß Sorgen drehten sich aber nicht nur um den Schulbesuch. Seine Lehrerwohnung, die unterm Dach des Schulgebäudes lag, war im Winter kalt und feucht und heizte sich im Sommer übers Dach so richtig auf. Mehrfach war der hölzerne Fußboden vom Schwamm zerfressen und faulte weg. In der Schulchronik schrieb er "… so dass der Herr Kreisphysikus Dr. Zimmermann von Düsseldorf die Wohnung eine ungesunde nannte, abgesehen davon dass die Schule, wie Herr Kreisschulinspektor Bauer sich ausdrückte, in der Malariagegend, die von Bruchhausen nach der Meide und gegen Unterbach hin sich ausbreitete, erbaut sei". Auch der Zustand der sanitären Anlagen war, laut Chronik oft in desolatem Zustand. Immer wieder ist Lehrer Jooß verärgert, dass man sich gegen den von ihm favorisierten Schulstandort "Trappenberg" entschieden hatte, der höher und besser lag.

Die Lage der Schule in den Bruchhauser Feuchtgebieten, die in der Chronik als "Malariagebiet" bezeichnet wurde, stand im Verdacht für das gehäufte Auftreten von Scharlach, Diphterie, Typhus, gastrisch-nervöse Fieber, Masern, Influenza und Lungenentzündungen an dieser Stelle verantwortlich zu sein. Auch Lehrer Jooß und seine Familie waren davon betroffen, ist der Schulchronik zu entnehmen. Im Januar 1881 blieb die Schule einige Tage geschlossen, weil zwei seiner Kinder an Scharlach erkrankt waren. Einer seiner Söhne überlebte die Erkrankung nicht. In den Jahren 1879 bis 1884 sind, laut Chronik, vier Schüler an schweren Erkrankungen, wie Typhoses Fieber, Diphterie, Scharlach und Halsdrüsenentzündung gestorben. 1886 stirbt Jooß erste Frau, die Handarbeitslehrerin an der Schule war. Er schrieb "Sie ruht in Frieden, hatte keine Feinde in der ganzen Gemeinde und hat 25 Jahre lang mit mir das Joch der Bruchhauser Schule in Geduld getragen, denn das Anfangsgehalt betrug nur 250 Taler zur Zeit, als ein Arbeiter auf den Hüttenwerken schon 1 Taler bis 1 Taler 10 Silbergroschen täglich verdiente." Verheiratete Lehrerinnen erhielten damals kein Gehalt, wie einer Besoldungsverordnung von 1898 zu entnehmen ist: "Die Verheiratung einer Lehrerin hat den Verlust aller Ansprüche auf Gehalt und Pension zur Folge."

Trotz aller, der Schulchronik zu entnehmenden, Unwägbarkeiten des Schulstandorts war die Schule auch noch viele Jahre nach Lehrer Jooß in Betrieb. Geschlossen wurde sie erst 1964.

Quelle: Buch "Erkrath", Herausgeber Stadt Erkrath mit Dank an Hans-Joachim Dietz, der uns sein Exemplar für den Artikel zur Verfügung stellte.

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