Ärger über wilde Mountainbikestrecken Ohne Rücksicht auf Verluste

Erkrath/Unterbach · Immer mehr Menschen entdecken zu Pandemiezeiten den Wald für sich. Häufiger als sonst trifft man auf Fußgänger, Familien und Mountainbiker. Letztere sorgen leider in den letzten Monaten immer öfter für Ärger. Der Grund: Illegale Mountainbikestrecken - abseits der offiziellen Wege - mitten durchs Unterholz.

 (li.) Sven Glück (Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Bergisches Land, FBB Neanderthal) zusammen mit Waldbesitzer Reinhard Zech am Einstieg der illegalen Mountainbikestrecke im Unterbacher Forst.

(li.) Sven Glück (Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Bergisches Land, FBB Neanderthal) zusammen mit Waldbesitzer Reinhard Zech am Einstieg der illegalen Mountainbikestrecke im Unterbacher Forst.

Foto: nic

Während unseres Vor-Ort-Termins im Unterbacher Forst, haben wir schon zu Fuß Schwierigkeiten den Weg zur „wilden“ Mountainbikestrecke zu erklimmen. Ziemlich weit oben gelegen, vom eigentlichen Hauptweg quasi kaum einsehbar, liegt sie. Der Einstieg verläuft in einem halsbrecherischen Winkel und führt auf der einen Seite zu einer Schanze und auf der anderen Seite in ein kurvenreiches Steilstück. Wer hier sein Fahrrad nicht unter Kontrolle hat, landet entweder kopfüber gegen den nächsten Baum oder zieht sich unangenehme Verletzungen an den herausragenden Ästen unmittelbar über der Schanze zu. Der Wald, in dem diese Strecke liegt, gehört Reinhard Zech. Er nennt rund 160 Hektar Wald, welcher sich über Unterbach, Gerresheim und Alt-Erkrath erstreckt, sein Eigen.

„Überall stoße ich auf solche illegal angelegten Mountainbikestrecken“, sagt Reinhard Zech. Versuche, mit den Bikern ins Gespräch zu kommen, scheiterten in der Vergangenheit. „Meist verschwinden sie zügig ins Unterholz, noch bevor wir die ersten Worte miteinander wechseln konnten.“ Was am Ende bleibt ist, dass Waldbesitzer wie Reinhard Zech die Strecken in vielen mühseligen Arbeitsstunden wieder zurück bauen. Und das ist, weil diese in der Regel in recht unwegsamen Gelände liegen, reine Handarbeit, da man mit Maschinen dort meist nicht hinkommt. Auch Sven Glück vom Regionalforstamt Bergisches Land kennt die Problematik: „Vermehrt erreichen das Forstamt Beschwerden von Waldbesuchern und Anwohnern über Lärm, Müll und Gefahren durch rücksichtslose Fahrer. Für den oft privaten Waldbesitz entstehen häufig Schäden an der Baumsubstanz. Waldboden wird durch konzentrierte Befahrung verdichtet und durch die angelegten Rampen geschädigt. Für die Beseitigung fallen zum Teil erhebliche Kosten an, die vom Waldbesitzer zu tragen sind. Rechtlich ist zudem nicht abschließend geklärt, ob diese für in ihrem Wald entstehende Unfälle haftbar gemacht werden können“, sagt Sven Glück.

 (li.) Sven Glück und Reinhard Zech an einem sehr kurvenlastigen Teilstück der Strecke. Mit einem halsbrecherischen Tempo geht es hier meist hinunter. Wer da sein Fahrrad nicht beherrscht, hat schlechte Karten.

(li.) Sven Glück und Reinhard Zech an einem sehr kurvenlastigen Teilstück der Strecke. Mit einem halsbrecherischen Tempo geht es hier meist hinunter. Wer da sein Fahrrad nicht beherrscht, hat schlechte Karten.

Foto: RG

Doch nicht nur die Mountainbiker erzürnen die Geister. Geocacher, die querfeldein laufen oder nicht anleinte Hunde, die im Unterholz herum „stöbern“ und dabei die Wildtiere aufscheuchen, sind ebenso ein großes Problem. Menschen, die ihre so genannten Slacklines in vier Meter Höhe zwischen den Bäumen spannen, sorgen für Schäden an den Rinden oder tief fliegende Drohnen, die meist am Waldesrand oder an Feldern gestartet werden, jagen beispielsweise Hasen große Angst ein, da die Tiere das Gerät mit einem Raubvogel verwechseln und panisch davor wegrennen. „So etwas ist nicht mehr lustig und Tierquälerei“, sagt Reinhard Zech. Was die wilden Mountainbikestrecken angeht, gibt es außerdem ein weiteres Problem. „Viele kaufen sich mittlerweile E-Bikes und mit diesen fahren sie solch’ einen Berg, der zur Strecke führt, nicht nur ein oder zwei Mal hoch, sondern vielleicht fünf oder sechs Mal“, hat Zech bereits beobachtet. In den sozialen Medien tauschen sich die Biker untereinander aus und verraten sich gegenseitig wo man die besten Downhill-Strecken findet.

„Zu den bedrohlichen Auswirkungen von Klimawandel und neuen Schadorganismen steht der Wald insofern auch durch die - gerade in Coronazeiten - sehr nachvollziehbare, aber häufig eben auf problematische Weise gelebte, Erholungsnutzung in Bedrängnis“, erklärt Sven Glück. Besonders im Ballungsraum ist ein rücksichtsvolles Miteinander zum Erhalt der knappen Ressource Natur als Erholungs- und Produktionsort (auf Acker, Grünland und im Wald werden ja von allen benötigte Rohstoffe produziert!) dringend notwendig. Doch es schwierig, der Lage Herr zu werden. Baut man eine illegale Downhill-Strecke ab, entsteht in der selben Zeit an einer anderen Stelle eine neue. Legale Strecken liegen - vor allem für die Jugendlichen - zu weit entfernt und sind nicht mal eben erreichbar. 90 Prozent der Radfahrer verhalten sich regelkonform im Wald, zehn Prozent leider nicht und die kann man auch nur schwer erreichen, da sie in der Regel in ihrem Verhalten kein großes Problem sehen. „Im Grunde genommen können wir nur immer wieder an die Menschen appellieren, gegenseitig Rücksicht zu üben und sich an die Regeln zu halten“, so beide Herren einstimmig. Der Wald ist schließlich für alle da - für Mensch und vor allem für die dort lebenden Tiere und Pflanzen.

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(nic)
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