Steigende Gesundheitskosten im Alter

Der Versicherungsschutz im Rentenalter ist eine komplexe Angelegenheit: Experte Marcus H. Rexfort klärt auf.

 Versicherungsexperte Marcus H. Rexfort.

Versicherungsexperte Marcus H. Rexfort.

Foto: J. Reinoldt

Es gibt drei verschiedene Formen der Krankenversicherung im Alter. In der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) wird im Rentenbezug zwischen pflicht- und freiwillig versicherten Mitgliedern unterschieden. Wer als Rentner keine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) bezieht, wird in der gesetzlichen Krankenkasse automatisch zum freiwillig versicherten Mitglied. Jene bezahlen auf alle Einkunftsarten ihren Kranken- und Pflegepflichtversicherungsbeitrag. Die Privatversicherten zahlen ihren individuellen Tarifbeitrag. Versicherungsexperte Marcus H. Rexfort hat sich mit dem Thema "steigende Gesundheitskosten im Alter und deren problematische Gegenfinanzierung" befasst.

M. Rexfort: Besteht ein Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wird tagesgenau geprüft, ob der Versicherte in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens mindestens zu 90 Prozent in der GKV versichert war. Das Mitglied wird freiwillig weiterversichert, wenn es weniger als 90 Prozent dieser Zeit in der GKV versichert gewesen ist. Durch das Bürgerentlastungsgesetz sind Aufwendungen zur Gesundheits- und Pflegevorsorge seit 2010 steuerlich anrechenbar. Im Regelfall werden die PKV-Versicherten bei Kompakttarifen rund 80 Prozent der gesamten Krankenversicherungsbeiträge steuermindernd ansetzten können. GKV-Mitglieder können 100 Prozent des Beitrags steuerlich geltend machen.

Jedoch bieten sich dem PKV-Versicherten erhebliche Vorteile bei der Ausgestaltung seines steuerlichen Sonderausgabenabzugs sowie bei der zweckgebundenen Finanzierung seiner Krankenversicherung im Alter. Im Rahmen des Bürgerentlastungsgesetzes können PKV-Beiträge in Höhe der GKV-Grundsicherung als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Im Normalfall ist damit der Höchstbetrag (1.900 Euro bei Angestellten, 2.800 Euro bei Selbstständigen) für andere Vorsorgeaufwendungen ausgeschöpft. Das EkStG erlaubt jedoch bis zu 2,5 Jahresbeiträge in einem Jahr geltend zu machen. Wer von dieser Option Gebrauch macht, kann in den Folgejahren o. g. Höchstbeträge der Sonderausgaben für andere Vorsorgeaufwendungen geltend machen.
Wer bei einem KV-Monatsbeitrag in Höhe von 500 Euro für das Folgejahr demzufolge 5.820 Euro (statt 6.000 Euro) im Dezember an den Krankenversicherer überweist, erzielt im ersten Schritt ca. 180 Euro Sondernachlass durch den Versicherer. Die im Folgejahr nunmehr absetzbaren Vorsorgeaufwendungen in Höhe von bis zu 1.900 Euro/2.800 Euro bescheren im zweiten Schritt bei einem Spitzen-Einkommenssteuersatz eine Steuerrückerstattung in Höhe von ca. 800 Euro/1.100 Euro. In Summe kann so jedes 2. Jahr eine zweistellige "KV-Sonderrendite" erzielt werden. Dieses Geld kann wiederum zur Finanzierung der Krankenversicherungsbeiträge im Alter verwendet werden.

Beitragsentlastende Tarife dienen der Reduzierung des Krankenversicherungsbeitrages nach dem vollendeten 62. Lebensjahr und sind Bestandteil einer privaten KV. Da die privaten Krankenversicherer verpflichtet sind, die Kundengelder mit aktuell mindestens 2,75 Prozent zu verzinsen, ist diese Anlage wesentlich attraktiver als die klassische Rentenversicherung mit nur 1,25 Prozent Garantiezins. Im Kontext des Bürgerentlastungsgesetzes wurde bestimmt, dass Beiträge für Beitragsentlastungstarife in Höhe der gesetzlichen Basisleistungen bei Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgesetzt werden können. Zudem sind diese Tarife prinzipiell arbeitgeberzuschussfähig. Während klassische Rentenversicherungen nachgelagert oder zumindest mit dem Ertragsanteil besteuert werden, fließen dem Versicherten über diesen Sparvertrag die Erträge steuerfrei zu. Das gebildete Kapital kommt nicht zur Auszahlung, sondern wird zweckgebunden zur Finanzierung der eigenen privaten Krankenversicherung verwendet.

Ein 40-jähriger angestellter Privatversicherter zahlt bei Neuabschluss in 2015 für 500 Euro monatliche Beitragsentlastung seiner bisex-kalkulierten KV ab dem 65. Lebensjahr ca. 145 Euro Monatsbeitrag. Sollte der Arbeitgeberzuschuss noch nicht ausgeschöpft sein, beteiligt sich der Arbeitgeber mit 50 Prozent an diesem Beitrag bis zum Höchstbeitragszuschuss in Höhe von aktuell insgesamt 301,13 Euro.
Der verbleibende Eigenaufwand wird steuerlich gleich mit der originären KV behandelt. Der Nettoeigenaufwand reduziert sich so deutlich. Je höher sich die persönliche Einkommensteuerbelastung darstellt, umso attraktiver wird die persönliche Rendite.

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