Anstauversuch am Stadtweiher wird weitergeführt Bürger freuen sich über Pegelstand des Stadtweihers

Hochdahl · Es ist wieder Wasser im Hochdahler Stadtweiher: Seit einigen Wochen wird das Kleinod nach den vorausgegangenen Entschlammungsarbeiten (wir berichteten) wieder „geflutet“ oder wie es offiziell heißt „das Wasser wird im Stadtweiher wieder angestaut“. Viele Hochdahler freuen sich darüber und beobachten täglich, wie der Pegel steigt.

 Der Anstauungsversuch im Stadtweiher in Hochdahl wird bis Mitte Juni 2022 verlängert.

Der Anstauungsversuch im Stadtweiher in Hochdahl wird bis Mitte Juni 2022 verlängert.

Foto: Stadt Erkrath

Denn ursprünglich klangen die Nachrichten, die Bürgermeister Christoph Schultz im Sommer vergangenen Jahres verkündete, gar nicht so gut: Laut dem Gutachten des beauftragten Ingenieurbüro Beck könne der Stadtweiher nicht mehr in seiner ursprünglichen Form erhalten bleiben. Diese Kernaussage sorgte für ordentlich Gesprächsstoff unter den Bürgern und in den Reihen der Lokalpolitik. Zumal alle Beteiligten von einer völlig anderen Ausgangslage ausgingen - nämlich das der Weiher nach der geplanten Neugestaltung wieder in voller Gänze mit Wasser gefüllt sei. So besagte es auch eine Studie aus 2019, die das Ingenieurbüro Beck seinerzeit erstellt hatte.

Ein Blick in den Erläuterungsbericht des Ingenieurbüros Beck von September 2021 (nachzulesen auf der Homepage der Stadt Erkrath) bringt nun aber folgende Erkenntnisse: „Der Stadtweiher wurde Mitte der 1970er Jahre zur Naherholung der neu entstandenen Stadt Hochdahl errichtet. Zum damaligen Zeitpunkt lag der Grundwasserstand über der Teichsohle, größtenteils sogar über dem geplanten Wasserspiegel. Der Sedentaler Bach wurde in der Wassertechnischen Untersuchung zur Anlage des Stadtweihers des Tiefbaubüros Jansen als Hauptzufluss angesetzt. (...) Zweiter Zufluss ist der Kattendahler Graben, der am nordwestlichen Ende in den Stadtweiher fließt und am westlichen Ablaufbauwerk dem Sedentaler Bach zugeführt wird. An den Zulauf des Kattendahler Grabens sind auch Bereiche der Verkehrs- und Dachflächen des so genannten Zentrums Süd (Hochhäuser nördlich des Stadtweihers) angeschlossen“, heißt es in dem Bericht. Und weiter: „Seit 2011 wurde ein kontinuierliches Absinken des Wasserspiegels festgestellt. Weiterhin wurde eine zunehmende Verlandung durch den Teichschlamm sowie eine Abnahme der Wasserqualität beobachtet. Der Sedentaler Bach führt seit einigen Jahren wenig und in den Trockenmonaten gar kein Wasser, so dass sich der Zufluss in den Weiher erheblich reduziert hat und teilweise unterhalb der Verdunstungsrate liegt. Aus hydrogeologischen Untersuchungen zum Trinkwasserbrunnen Sedental 2015 geht hervor, dass der Sedentaler Bach abschnittsweise Grundwasseranbindung hat. Die Sedenquelle am östlichen Ende des Weihers ist bereits in den 1990er Jahren versiegt. Sie wurde artesisch aus tieferliegendem Grundwasser gespeist. Nach dem Versiegen wurde Wasser vom Sedentaler Bach in den Bereich der ehemaligen Quelle abgeleitet, um eine Wasserfläche herzustellen. (...)

Zur Untersuchung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse wurde das Ingenieurbüro Beck 2019 mit einer Studie beauftragt. Diese schloss mit der Aussage, dass der Stadtweiher in seiner alten Form dauerhaft erhalten bleiben kann, wenn das Bachbett des Sedentaler Bachs stellenweise abgedichtet wird. Hierfür wurden zwei Stellen mit einer Länge von zusammen zwölf Metern ausgemacht. Bei dieser Aussage wurde davon ausgegangen, dass die Teichsohle abgedichtet ist, und daher keine Versickerung in den Untergrund erfolgt.

Zur Durchführung der erforderlichen Entschlammung wurde der Stadtweiher ab 2019 leergefischt und in 2020 trockengelegt. Nach Abtragen des Teichschlamms zeigte sich, dass die Teichsohle keine Abdichtung besitzt. Die beschriebenen Gegebenheiten legen die Schlussfolgerung nahe, dass der Wasserstand des Weihers wie auch des Sedentaler Bachs aufgrund der gesunkenen Grundwasserstände abnimmt.  Zur Überprüfung der aktuellen Grundwasserstände wurden im Oktober 2020 zwei Baggerschürfe bis in einer Tiefe von etwa 2 bis 2,5 Meter unter der Weihersohle durchgeführt. Es konnte hierbei kein Grundwasser erkundet werden. Somit korrespondiert der Wasserspiegel des Weihers nicht mehr mit dem Grundwasser und es findet eine Infiltration vom Weiher ins Grundwasser statt. Durch das Fehlen einer Abdichtung, den verringerten Zufluss und das langjährige Absinken des Grundwasserspiegels ergeben sich für die geplante Wiederherstellung des Weihers grundsätzlich geänderte Ausgangsbedingungen“ - alles nachzulesen im oben bereits genannten Erläuterungsbericht. 

Kurz gesagt: In der Teichsohle versickert Wasser, da diese nicht abgedichtet ist und das Grundwasser ist im Laufe der letzten Jahre derart abgesunken, dass der Weiher hiervon nicht mehr gespeist wird und das zur Verfügung stehende Wasserangebot reicht offenbar nicht aus, um den Stadtweiher wieder vollständig zu füllen. Das Ingenieurbüro Beck prognostiziert, dass lediglich ein Drittel des Weihers nach dem heutigen Kenntnisstand wieder mit Wasser dauerhaft gefüllt werden könne. Die Sohle muss in diesem Bereich jedoch vollständig abgedichtet werden. Die restliche Weiherfläche von etwa 20.000 Quadratmetern könnte für die Öffentlichkeit neu gestaltet werden. Eine Wohnbebauung ist laut Bürgermeister Christoph Schultz hier nicht geplant.

Der derzeitige Anstauungsversuch, über den sich so viele Bürger freuen, war ursprünglich auf vier Wochen angelegt. In einem gemeinsamen Ortstermin von Unterer Wasserbehörde, Unterer Naturschutzbehörde, Bergisch-Rheinischem Wasserverband und Stadtverwaltung wurde nun festgelegt, dass dieser  bis Mitte Juni 2022 weitergeführt wird. In den kommenden fünf Monaten wird der Wassereintrag im Weiher beobachtet, dokumentiert und später dem Sachverständigen für die Erstellung des geplanten Zweitgutachtens zur Wasserentwicklung zur Verfügung gestellt. Dieses Gutachten soll bis Jahresende angefertigt werden.

„Die gemeinsam getroffene Entscheidung, den Anstauversuch nun deutlich zu verlängern, ist ein erfreuliches Signal, denn die bisherigen vier Wochen bieten keine hinreichende Aussagekraft. Ein längerer Versuchszeitraum, auch mit anderem Wetter, gibt uns mehr Datenmaterial und damit mehr Sicherheit. Und gleichzeitig gewinnt das Naherholungsgebiet trotz der laufenden Arbeiten wieder an Wert“, bewertet Bürgermeister Christoph Schultz das Ergebnis des Ortstermins, bei dem neben wasserrechtlichen Aspekten auch solche des Natur- und Tierschutzes zu berücksichtigen waren.

Ein wichtiger Punkt für die Entscheidung und für das weitere Vorgehen ist die wasserbehördlich vorgegebene Grundabgabe an den Sedentaler Bach von einem Liter pro Sekunde, um ein Austrocknen des Baches zu verhindern. Obwohl der Schieber am Ablaufwerk des Stadtweihers vollständig geschlossen und dicht ist, führt eine darunterliegende Leitung aktuell genügend Grund- oder Schichtenwasser an den Bach ab. Sollte dieser Zulauf in den Bach nicht mehr erfolgen, muss ein Liter pro Sekunde über das Ablaufbauwerk des Weihers an den Bach abgegeben werden. Im Juni stimmen die Behörden erneut das weitere Vorgehen ab.

Weitere Informationen rund um die Arbeiten am und um den Stadtweiher sowie zur Bildung der neuen Begleitgruppe folgen in der kommenden Woche.

Und wie positionieren sich die Erkrather Parteien zum Thema? Ralf Lenger von der FDP sagt: „Grundsätzlich setzen wir uns für den Erhalt des Stadtweihers mit seiner bisherigen Wasserfläche ein. Deshalb begrüßen wir das zweite in Auftrag gegebene Gutachten, weil auch uns die Widersprüchlichkeiten im ersten Gutachten aufgefallen sind. Sollte jedoch das zweite Gutachten und die Begleitgruppe zu dem Ergebnis kommen, dass der Weiher in seiner bisherigen Form nicht mehr zu erhalten ist, müssen wir in eine alternative Planung eintreten, um die Restwasserfläche zu erhalten und die verbleibende Brache als Grünfläche zu gestalten. Keinesfalls würden wir einer Bebauung der Fläche zustimmen, was nach unserer Kenntnis auch nicht geplant ist.“

„Die BmU hat schon die ersten gutachterlichen Stellungnahmen zur Aufgabe der Wasserfläche als geologisch nur lückenhaft begründet und daher im Ergebnis nicht nachvollziehbar bezeichnet“, sagt Bernhard Osterwind. „Dazu gehört auch die Weigerung, unnötigen Zulaufverlusten näher nachzugehen und zu beseitigen. Der ‚extrem‘ hohe Grundwasserspiegel wenige hundert Meter neben dem Stadtweiher ist mit den vorliegenden Annahmen nicht in Einklang zu bringen. Warum das nicht auch der Fachverwaltung aufgefallen ist, ist uns unerklärlich. Eine zusätzliche Ergänzung / Erneuerung  der alten Abdichtung mit Wasserglas ist zu prüfen. Der Klimawandel wird auch in Zukunft extreme Wasserspiegelschwankungen mit sich bringen und ein daran angepasstes aktives Biotopmanagement wird vonnöten sein. Dem Kleinklima und dem Landschaftsbild wird der Erhalt des Stadtweihers nutzen.“

Markus Lenk von „DIE LINKE ERKRATH“ bezieht zum Thema folgende Stellung: „DIE LINKE will den Stadtweiher in seiner alten Größe erhalten. Er ist identitätsstiftend für einen ganzen Stadtteil und gehört unbedingt geschützt - und gepflegt. Ablehnend stehen wir allen Vorschlägen zur Verkleinerung der Wasserfläche oder gänzlicher Verlandung entgegen. Wir freuen uns sehr über den steigenden Wasserspiegel im Stadtweiher. Der Testlauf sollte jetzt schnell zum Standard werden: Es gibt keinen Grund „den Schieber“ wieder aufzumachen. In ein paar Wochen wird ausreichend Wasser im Weiher sein um durch den Überlauf mehr als die vom Bergisch-Rheinischen Wasserverband festgelegte Abflussmenge in den unteren Sedenbach abzugeben. Wir bedauern, dass die Rampen und die Gitter rund um den Weiher nicht entfernt wurden. Zu verdanken ist der schnelle Anstieg des Wassers vor allem dem oberen Sedenbach, der seit Beginn der Anstauung wieder fließt. Schon seit Jahren hatten wir mit den Anwohnern auf den fehlenden Zufluss hingewiesen – leider ungehört im Rathaus im ‚fernen‘ Erkrath. Zu prüfen ist jetzt nicht ob, sondern wie der regelmäßige Zufluss durch den Sedenbach auch in trockeneren Perioden aufrechterhalten werden kann. DIE LINKE hat dazu bereits Vorschläge gemacht: Bachbett reparieren und instand halten, Zufluss von Oberflächenwasser beispielsweise von Dächern erweitern.“

Peter Knitsch von Bündnis 90/Die Grünen gab uns auf Anfrage folgendes Statement: „Wir haben im Stadtrat die Beauftragung eines zweiten Gutachtens mit dem ausdrücklichen Ziel der Erhaltung des Stadtweihers durchgesetzt und setzen uns weiter dafür ein, dass er in seiner gesamten Größe bestehen bleibt. Die aktuelle Situation, in der der Wasserspiegel des Stadtweihers kontinuierlich steigt, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Annahmen im ‚Beck-Gutachten‘ zumindest in Teilen falsch waren. Dies gilt etwa für die Durchlässigkeit des Grundes und den Grundwasserstand. Wir fordern, dass die Absperrung der Ausläufe des Weihers bis auf weiteres beibehalten wird. Mittelfristig sind weitere Maßnahmen wie etwa die Einleitung von Regenwasser von Dachflächen benachbarter Gebäude und die Entsiegelung von Flächen durchzuführen. Der Stadtweiher hat eine herausgehobene Funktion für das Kleinklima, die Ökologie und das Wohlbefinden der Menschen im Zentrum von Hochdahl. Wir Grüne werden weiter für seine Rettung kämpfen.“

Auch Peter Urban von der SPD in Erkrath ist grundsätzlich für den Erhalt des Hochdahler Stadtweihers. „Er ist der Mittelpunkt dieses Stadtteils und ein beliebter Treffpunkt, der der Erholung dient. Die Nachricht, dass der Weiher nun doch nicht wieder - wie ursprünglich angenommen - vollständig mit Wasser gefüllt werden könne, hat uns entsetzt. Solche widersprüchlichen Aussagen verunsichern die Bürgerschaft und das Vertrauen in die eingesetzen Akteure geht verloren. Umso mehr freut es uns, dass nun ein zweites Gutachten erstellt werdens soll und eine Begleitgruppe ins Leben gerufen wurde. Es ist wichtig, die Menschen dieser Stadt, die hier leben, mit ins Boot zu holen und sie an dem Prozess zu beteilgen und damit Transparenz zu schaffen.“

Hinweis der Redaktion: Die CDU Erkrath hat leider bisher noch noch auf unsere Anfrage zum Stadtweiher reagiert.

Alle Informationen rund um die Neugestaltung des Stadtweihers gibt es im Internet auf www.erkrath.de/stadtweiher. Dort sind auch unter anderem der Erläuterungsbericht zur Wasserbaulichen Untersuchung am Stadtweiher, der in unserem Artikel in Auszügen nachzulesen ist, und das Protokoll zur Bürgerveranstaltung am 15. September 2021, das wichtige Fragen aus der Bürgerschaft beantwortet, einsehbar.

(nic)
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