Immer früher aufgeklärt

Erkrath · Vielen ist Pro Familia vor allem als Beratungsstelle bei Schwangerschaftsabbrüchen ein Begriff. Das darüber hinausgehende Angebot ist nicht jedem bekannt.

 Sozialpädagogin Nora Sieks, Beratungsstellenleiter Andreas Müller, Beratungsstellenassistentin Mona Lauer und Dr. Anne Wichmann (v.l.n.r.).

Sozialpädagogin Nora Sieks, Beratungsstellenleiter Andreas Müller, Beratungsstellenassistentin Mona Lauer und Dr. Anne Wichmann (v.l.n.r.).

Foto: RG

(RG) Mit Sitz in der Elberfelder Straße 6 ist Pro Familia kreisweit aktiv, aber auch Hilfesuchende aus dem Umkreis, die in Wuppertal oder Düsseldorf kurzfristig keinen Termin bekommen, können sich an die Beratungsstelle in Mettmann wenden. Der größte Teil der Ratsuchenden kommt aber in der Regel aus Mettmann und den direkt angrenzenden Städten. Im Rahmen der Schwangerschaftskonfliktberatung, bei der es manchmal auch auf einen Tag ankommt, sind Termine innerhalb drei bis vier Tagen möglich. "Wenn es brennt, gibt es auch am nächsten Tag schon einen Beratungstermin, manchmal sogar am gleichen Tag", schildert Mona Lauer, Beratungsstellenassistentin den Alltag.

Die Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch ist Pflicht, dafür wird die Beratungsstelle in Mettmann zu 80 Prozent vom Land NRW finanziert. Im Schwangerschaftskonfliktgesetzt ist dies in den Paragraphen 5 und 6 geregelt. Diese Beratung wurde in 2016 genau 290mal in Anspruch genommen. Die häufigsten Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch sind finanzielle und wirtschaftliche Probleme, gefolgt von familiären und partnerschaftlichen Problemen, abgeschlossener Familienplanung, Situation als Alleinerziehende oder auch körperliche oder psychische Verfassung der werdenden Mutter. Neben diesen fünf häufigsten Auslösern werden statistisch fünfzehn weitere Gründe erfasst. In 320 Fällen wurde eine Beratung nach Paragraph 2 in Anspruch genommen, die Schwangerschaftsberatung, Familienplanung, Kinderwunsch und Verhütung, aber auch Sexual- und Partnerschaftsberatung, Aufklärung Beratung und Begleitung nach der Geburt und mehr umfasst.

Pro Familia bietet mehr, als die Schwangerschaftskonfliktberatung. Andreas Müller, Leiter der Beratungsstelle, ist seit 25 Jahren dabei. Kein Wunder, dass Sozialpädagogin Nora Dieks, die seit 2014 für die Beratungsstelle tätig ist, immer noch als 'eine der Neuen‘ gilt. "Wahrscheinlich bin ich das auch noch in fünf Jahren", schmunzelt sie. Neben der Schwangerschaftskonfliktberatung unterstützt sie Müller vor allem bei sexualpädagogischen Aufgaben, die die Beratungsstelle für Schulen und Einrichtungen übernimmt. Andreas Müller ist in der Aufklärungsarbeit Ansprechpartner für die Jungen, Nora Dieks für die Mädchen. Während früher die Aufklärungsberatung überwiegend für die achten und neunten Klassen angefragt wurde, wird sie heute bereites für die sechsten Klassen angefragt. "Eine ganz große Rolle spielt der Medienkonsum und der oft unkontrollierte Zugang zu Filmen im Internet. Wenn Jugendliche problemlos Pornos im Internet ansehen können, wachsen sie mit einer falschen Vorstellung von Sexualität heran. Heute sollte vor allem die Medienkompetenz geschult werden", berichtet Andreas Müller aus seinem Alltag.

Mit Müller sind fünf Mitarbeiter in der Beratungsstelle tätig. Keiner davon in Vollzeit. Dr. Anne Wichmann gehört seit Oktober 2016 zum Team. Sie ist vor allem für die Verhütungsberatung zuständig oder die Beratung junger Mädchen vor dem ersten Besuch beim Frauenarzt und die Beratung rund um Schwangerschaft und Geburt. Auch in einer Flüchtlingsunterkunft in Velbert konnte sie, dank einer Förderung, schon Frauen zur Verhütung beraten. Aber solche Gelegenheiten sind selten, weil es dafür keine generelle Förderung gibt. Zu 20 Prozent trägt der Kreis die Finanzierung der Beratungsstelle. Die Sozialberatung werdender Eltern und auch allein stehender Mutter gehört zu den Aufgaben, die in diesem Rahmen übernommen werden. Auch die Sexualpädagogischen Einsätze sind Teil der Aufgaben, die im Rahmen der Finanzierung über den Kreis erfüllt werden. Mit zum Team gehört eine Psychologin.

Viele Projekte könnten ohne die Unterstützung des Fördervereins von Pro Familia gar nicht durchgeführt werden. Der Bedarf ist weitaus größer, als die statistischen Zahlen, die im Jahresbericht 2016 stehen. Die Mitarbeiter der Pro Familia könnten die doppelte Zeit damit füllen, aber dafür fehlen öffentliche Gelder.

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