Besuch aus der Steinzeit

Kreis · Eine Nachbildung des belgischen Urmenschen Spyrou machte für zwei Wochen Kurzurlaub im Neandertal Museum. Dort leistete die Nachbildung Herrn N. im Foyer Gesellschaft.

 Spyrou (r.) könnte der Enkel oder Neffe unseres Herrn N. sein“, sagt Museumsdirektor Gerd-Christian Weniger.

Spyrou (r.) könnte der Enkel oder Neffe unseres Herrn N. sein“, sagt Museumsdirektor Gerd-Christian Weniger.

Foto: Nikolas Golsch

(nigo) Als italienische Steinbrucharbeiter im August 1856 erstmalig die Knochen fanden, die später dem Neandertaler zugeordnet wurden, galt das nicht nur als Sensation, sondern auch als einzigartige Ausnahme. Als eigene Menschenform wurde der Neandertaler damals in Fachkreisen noch nicht anerkannt. Das sollte sich jedoch 1886 ändern, als in der Höhle Spy in Belgien die Skelette von zwei erwachsenen Neandertalern und einem Kleinkind entdeckt wurden. Sie lebten dort vor ungefähr 36 000 Jahren. "Diese Funde trugen erheblich dazu bei, dass der Neandertaler als eigene Art anerkannt wurde", sagt Gerd-Christian Weniger, Direktor des Neandertal Museums. "Man wusste von nun an, dass die Funde im Neandertal keinen Einzelfall darstellten", sagt er. Ebenso wie im Tal, gibt es auch an der belgischen Höhle Spy ein kleines Museum. Und ebenso wie im hiesigen Haus, wo die Nachbildung des Neandertalers aus der Feldhofer Grotte ("Herr N.") im Foyer des Museums bereits Weltruhm erlang hat, gibt es auch in Belgien einen solche Nachbildung. Sie wurde 2011 von den gleichen französischen Künstlern angefertigt, die auch Herrn N. geschaffen haben. Spyrou, so der Name des belgischen Urmenschen, ist etwa 153 Zentimeter groß, sein Alter wird auf höchstens 25 Jahre geschätzt.

Dass eins der Skelette fast vollständig gefunden wurde, erleichterte den Schöpfern Adrie und Alfons Kenis die Rekonstruktion des Steinzeit-Menschen. Glücklicherweise wurde auch ein Gesichtsknochen gefunden. Eine Gesichtshälften konnte durch den Fund so genau rekonstruiert werden, die andere entstand durch Spiegelung der ersten. Knochen für Knochen bauten die Franzosen zunächst das Skelett auf, danach folgten Muskeln, Haut und Haare. Für das belgische Museum wurde Spyrou anschließend mit einem 3D-Drucker aus Kunstharz regelrecht "ausgedruckt".

Weil das Museum an der Höhle in den letzten zwei Wochen renoviert wurde, machte Spyrou während dieser Zeit Urlaub im Neandertal. Neben Herrn N. stand er im Foyer, leistete ihm Gesellschaft. "Der könnte der Neffe oder gar Enkel unseres Herrn N. gewesen sein", sagt Weniger. Denn Herr N. sei mit 60 Jahren schon ein betagter Mann gewesen. Dass die beiden aber wirklich verwandt waren, sei so gut wie ausgeschlossen. Schließlich trennen die beiden Fundorte einige hundert Kilometer. Am Montag wurde Spyrou dann in eine Kiste gepackt und wieder nach Belgien gebracht — das war's dann erst einmal mit dem Kurzurlaub.

Meistgelesen
Die Baukunst der Tiere
Bis 1. November im Neanderthal Museum:Sonderausstellung „Architektier“ Die Baukunst der Tiere
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort