...damals, als in Bruchhausen noch Sandkalkstein abgebaut wurde... Eine Ruine mit einer spannenden Geschichte
Hochdahl · Der weitgehend naturbelassene Landstrich im Westen von Hochdahl- auch Bruchhauser Feuchtwiesen genannt ist eine grüne Lunge, der in Zeiten ständiger Bodenversiegelung zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Die Gegend wurde geprägt von stattlichen Bauernhöfen, einer Evangelischen Volksschule (das heutige Naturschutzzentrum), der Wohnsiedlung Klein-Bruchhausen (Nelkenweg) und - einem Kalksandsteinwerk. Die ehemalige Honschaft Bruchhausen verfügt über mächtige Sandvorkommen. Diesen Rohstoff, der sich als Flugsand an der „Bergischen Kante“ ablagerte, gibt es hier in Hülle und Fülle. 1921 wurde im sandigen Boden von Bruchhausen ein Findling entdeckt. Er fand seinen Platz auf dem Friedhof an der Neanderkirche und ist mit einer Tafel versehen, die an die Toten der beiden Weltkriege erinnert. Ab 1956 begann das Kalksandsteinwerk in Bruchhausen mit der systematischen Förderung und der Verwertung des Sandes. Aus einem Gemisch von Sand, gebranntem Kalk und Wasser wurden unter starkem Druck mittels hydraulischer Pressen Steinrohlinge geformt, die dann in speziellen Dampfdruckkesseln bei rund 200 Grad Hitze zum Endprodukt gehärtet wurden.
Bis zu 30 Mitarbeitern waren beschäftigt, Kalksandsteine in verschiedenen Formaten zu fertigen. Begonnen wurde mit Hintermauersteinen als Vollsteine im Normalformat, später folgten großformatige Formsteine (Voll-, Loch- und Blocksteine). Bei voller Auslastung, zeitweise bei Tag und Nacht, wurden jährlich mehrere Millionen Steine produziert. Eine Tagesproduktion reichte für den Bau von zehn Einfamilienhäusern! Unter dem Namen des langjährigen Firmeninhabers Richard Ludowigs ist das Kalksandsteinwerk den Hochdahlern im Gedächtnis geblieben. Betriebsleiter und später Mitglied der Geschäftsführung war Alois Meese, der letztes Jahr in hohem Alter verstorben ist. Zu erwähnen ist die Besonderheit, dass die Amtsverwaltung Gruiten das Werk gleich in den Anfängen dazu verpflichtete, die Bruchhauser Straße, damals noch ein Feldweg, von Trills bis zur Autobahn für den Schwerlastverkehr auszubauen und zu asphaltieren. Die in Bruchhausen produzierten Kalksandsteine waren begehrt und fanden im nahen und weiteren Umkreis höchst zufriedene Abnehmer. Mit dem „weißen Gold“ sind auch viele Wohnungen beim Aufbau der „Neuen Stadt Hochdahl“ errichtet worden. Das Werk war ein wichtiger Steuerzahler, in dem Menschen aus Hochdahl und Umgebung einen sicheren Arbeitsplatz fanden. 2003 wurde die Produktion eingestellt.Als Gegenleistung für die Bodennutzung vereinbarte der Eigentümer der Abbaufläche Erich Rohden mit dem Werk eine für ihn nachhaltige und zugleich „sprudelnde“ Einnahmequelle: Er ließ sich einen Vergütungsanteil an der Fördermenge auf der Basis des Kubikmeters auszahlen!
Das ehemalige Kalksandsteinwerk grenzt direkt an ein Naturschutzgebiet. Die nördlich angrenzende Fläche, die nach Ende des Sandabbaus renaturiert wurde, gehört den Brüdern Helmut und Wilhelm Rohden, eine etwa gleich große Fläche nordwestlich des Werksgebäudes dem Naturschutzzentrum Bruchhausen. Im Flächennutzungsplan sind sie als Grünflächen ausgewiesen (siehe Luftaufnahme). Der Feldweg, der dort verlief und Einheimischen in Erinnerung geblieben sein dürfte, kann man sich hier als Trennlinie vorstellen – siehe ebenfalls die Luftbildaufnahme. Der „Pimpelsberg“ an der Bruchhauser Straße (östlich der BAB 3), wo der Sandabbau seinen Anfang nahm, hat zum Ende des zweiten Weltkrieges unrühmlich Geschichte geschrieben. Aus der dort installierten Flakstellung wurde beim Einmarsch der Amerikaner (16.04.1945) bis zum bitteren Ende aus allen Rohren geschossen. Die Flak-Besatzung fand den Tod. Ihre Grabstätten auf dem Hochdahler Friedhof werden bis heute gepflegt. Erinnert sei auch an einen tragischen Unglücksfall im Mai 1961, bei dem ein neunjähriger Schuljunge beim Buddeln einer Höhle in der ersten Sandgrube am Pimpelsberg verschüttet wurde und erstickte. Einige Monate danach verunglückte Erich Rohden bei der Feldarbeit oberhalb seines Hofes tödlich. Das Produktionsgebäude des Kalksandsteinwerkes ist seit vielen Jahren in einen tiefen Schlaf verfallen und bietet einen trostlosen Anblick.
Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wenn das im Außenbereich liegende Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wird. Eigentümerin des Gebäudes ist eine international agierende Gesellschaft mit Sitz in Duisburg, die, wie bereits andere vor ihr, Pläne für eine Folgenutzung als Veranstaltungs- oder Bildungsstätte aus baurechtlichen Gründen nicht hat umsetzen können.