Schummeleien bei verpackten Fleischersatzprodukten Bis zu 70 Prozent mehr Hülle als Fülle

Kreis · Fans von Veggie-Schnitzeln, Weizen-Frikadellen, vegetarischen Grill-Filets oder Pulled Pork aus Bio-Soja kaufen beim Griff nach verpackten Fleischersatzprodukten zum Anbraten und Aufwärmen viel heiße Luft gleich mit.

Zwischen 30 und 70 Prozent an unbefülltem Raum — und zwar bezogen auf das Volumen der Verpackung — stellte die Verbraucherzentrale NRW bei der Überprüfung von 28 vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten fest. Im Schnitt waren die ausgewählten Produkte zur Hälfte mit Luft befüllt. Spärlich bepackte Spitzenreiter waren eine Plastikschale mit veganen Filets aus Pilzprotein und eine Packung mit vegetarischen Frikadellen, die jeweils zu 70 Prozent Leerraum aufwiesen. "Die Lebensmittelproduzenten scheuen sich nicht, Verbraucher, die sich bewusst fleischlos ernähren, auch bei alternativen Produkten über die wahre Füllmenge zu täuschen, um mit dem Absatz ihrer Artikel Kasse zu machen", kritisiert Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, die zahlreichen Täuschungsversuche in der Lebensmittelbranche auch bei diesen alternativen Trendprodukten. Verbraucher bezahlen bei den monierten Packungen zwischen 64 Cent und 2,05 Euro pro Produkt für reine Luft. "Das ist eine Mehrbelastung für den Geldbeutel der Verbraucher und für die Umwelt durch unnötigen Verpackungsmüll", kritisiert Schuldzinski.

Rostbratwürstchen, Frikadellen, Steaks, Geschnetzeltes, Schnitzel und Hackfleisch, komponiert aus Soja, Weizen, Gemüse oder Hülsenfrüchten, sehen wie Fleischprodukte aus und werden häufig auch wie solche bezeichnet. Mit ihrem fleischlosen Inhalt und in trendiger Aufmachung sind sie jedoch für vegetarische, vegane oder ab und an fleischreduzierte Esser gemacht. Dass diese auf bewusste Ernährung bedachte Konsumentengruppe ebenso mit mehr Schein als Sein in den von ihnen bevorzugten Fleischersatzprodukten von den Lebensmittelherstellern hinters Licht geführt wird wie bei herkömmlichen Produkten, hat die Verbraucherzentrale NRW bei Stichproben in Bio-Läden, Supermärkten und Discountern festgestellt. Gezielt auf der Suche nach 30 Prozent und mehr an unbefülltem Raum wurden die Verbraucherschützer bei 28 vegetarisch-veganen Produkten fündig: 18 Produkte warben für den essbaren Inhalt mit einem häufig unten an der Verpackung angebrachten Sichtfenster, das eine satte Befüllung vortäuschte. Die Hälfte der Verpackungen verdeckte die innere Leere mit geschickt angebrachten Pappbanderolen. Achtmal verbargen schwarze oder farbige Plastikbehälter zur Aufbewahrung von Geschnetzeltem- oder Hackfleisch-Ersatz den wahren Inhalt. Neun große Umverpackungen und Kartons entpuppten sich erst nach dem Öffnen als Luftnummern.

Verbraucher dürfen nach den geltenden Vorschriften nicht mit raffinierten Aufmachungen — etwa durch viel reingepumpte Luft, geschickt platzierte Sichtfenster, hohe Wände und Schrägen oder durch überdimensionierte Umkartons — über die tatsächliche Füllmenge getäuscht und dadurch zum Kauf animiert werden. Allerdings fehlt bislang eine eindeutige gesetzliche Vorgabe, wie viel Inhalt in einer Lebensmittelpackung tatsächlich drin sein muss. Für die Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen (AGME) liegt eine Täuschung nach Prüfung des Einzelfalls unter anderem vor, wenn der Freiraum in der Packung 30 Prozent oder mehr beträgt.

"Um Verbraucher vor Mogelpackungen zu schützen, müssen Inhalt und Verpackung von Lebensmittelprodukten so aufeinander abgestimmt sein, dass Kunden nicht über die Größe des Inhalts getäuscht werden können", erklärt Schuldzinski. Der NRW-Verbraucherzentralenvorstand fordert vom Gesetzgeber dafür zu sorgen, "dass jede Verpackung möglichst bis zum Rand beziehungsweise bis zur Naht befüllt ist. Ausnahmen sollte es nur geben, wenn es nachweislich produktionstechnisch nicht anders geht."

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