Spinnfäden für Knochen- und Knorperersatz Anna spinnt für die Medizin

Erkrath/Düsseldorf · Anna Bartz‘ Lieblingstiere leben im Aquazoo in Düsseldorf, haben acht Beine und werden regelmäßig von der Studentin „gemolken“. Anna selbst stammt aus Erkrath und hat mit ihrem dort lebenden Vater Michael Funcke-Bartz eine Art elektrisches Spinnrad entwickelt, mit dem sie die Spinnfäden ihrer Lieblingstiere – Seidenspinnen – aufsammelt.

 Anna Bartz erforscht die Spinnfäden der Seidenspinne als Ersatzmaterial für die Geweberekonstruktion bei Knorpel- und Knochendefekten.

Anna Bartz erforscht die Spinnfäden der Seidenspinne als Ersatzmaterial für die Geweberekonstruktion bei Knorpel- und Knochendefekten.

Foto: MackFoto.de

Daraus soll Knochen- und Knorpelersatz für Patienten mit Knochenbrüchen, Knochentumoren, Osteoporose und anderen Gelenkschäden entstehen. Aktuell sucht Sie Crowdfunder, die ihre Forschung unterstützen.

„Spinnen sind einfach faszinierend“, schwärmt Anna Bartz, während sie im Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf eine Seidenspinne „melkt“ und die Spinnfäden mit einer elektrischen Spindel aufwickelt. Schon während des Studiums hat die aus Erkrath stammende Promotionsstudentin im Labor mit Spinnen gearbeitet. Dabei entstand die Idee, in ihrer Doktorarbeit Spinnenseide für die Rekonstruktion von Knorpelgewebe zu erforschen. Sie hofft, Patienten mit Knochenbrüchen, Knochentumoren, Osteoporose und anderen Gelenkschäden mit Hilfe von Spinnenseide, eines Tages neue Therapieverfahren in Aussicht stellen zu können.

„Bei rund 15 Prozent aller Operationen wird Knochen- oder Knorpelersatz gebraucht. Einen adäquaten Ersatz, der der originalen Knorpelsubstanz entspricht, gibt es bisher nicht“, erklärt Bartz: „Bisher wird das Material aus gesundem Knochen bzw. Knorpel des Patienten entnommen. Dabei besteht das Risiko der Wundinfektion. Andere Verfahren nutzen Gewebeentnahmen von Toten oder Rindern. Dabei gehen die typischen Eigenschaften der Knochenzellen verloren.“ Diese Nachteile hofft sie, mit der Verwendung von Spinnenseide als Trägermaterial für die Anzucht von Knorpel- und Knochenzellen umgehen zu können: „Spinnenseide besitzt besondere Eigenschaften, die sie für die biomedizinische Anwendung sehr interessant macht. Sie ist chemisch äußerst stabil, elastisch, sehr robust und leicht und dennoch zugfester als Stahl. Gleichzeitig ist sie gut verträglich und wird daher vom Körper nicht abgestoßen. Diese Eigenschaften wollen wir für die Herstellung einer Matrix für den Zellaufbau von Knorpel- und Knochenersatzmaterial nutzen.“

Anna Bartz promoviert mit ihrer Studie in der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie in Bonn und besucht mehrmals wöchentlich „ihre“ Seidenspinnen im Düsseldorfer Aquazoo, um sie mit Heuschrecken zu füttern – und zu „melken“: Um die Spinnseidenfäden für ihre Untersuchungen im Labor nutzen zu können, wickelt die Promotionsstudentin sie mit einem elektrischen Wickelautomat auf eine Spindel und achtet dabei penibel darauf, dass die Fäden sauber nebeneinander liegen, damit sie nicht verkleben. Der Wickelautomat, den Anna Bartz nach eigenen Ideen gemeinsam mit ihrem Vater Michael Funcke-Bartz konstruiert hat, leistet dabei gute Dienste. Eine Art Prototyp hatte sie zuvor mit Fisher-Technik gebaut.

Auch bei der Finanzierung geht Bartz innovative neue Wege: Über Crowdfunding und Sponsoren sollen die nötigen Material- und Laborkosten in Höhe von rund 22.000 Euro gedeckt werden. „Crowdfunding ist ein Mittel, das in Zukunft auch in der Wissenschaft an Bedeutung gewinnen wird“, ist sich Anna Bartz sicher und hofft auf zahlreiche Unterstützer für ihr auf drei Jahre angelegtes Forschungsprojekt „Spinnenseide zur Heilung von Knochen und Knorpel“.

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