Eine Öko-Insel mitten im Eselsland

Unterbach · Seit 25 Jahren gibt es das ökologische Dorf in Unterbach. Der Gedanke der klassischen Dorfgemeinschaft wird hier gelebt.

 Seit vier Jahren lebt Swantje Kielhorn im ökologischen Dorf Unterbach. Ein Leben jenseits der mit Gras bedeckten Dächer kann sie sich schon lange nicht mehr vorstellen.

Seit vier Jahren lebt Swantje Kielhorn im ökologischen Dorf Unterbach. Ein Leben jenseits der mit Gras bedeckten Dächer kann sie sich schon lange nicht mehr vorstellen.

Foto: Nikolas Golsch

(nigo) Das Ökologische Dorf in Unterbach wirkt wie eine kleine Insel, die sich inmitten des städtischen Verkehrs, der Hektik und dem Stress herauskristallisiert hat. Hohes Gras bedeckt die Dächer der Häuser, ein kleiner Baum sprießt aus einer der Rasendecken hervor. Datteln, Feigen und Avocados wachsen am Rande der kleinen Wege, die durch das Dickicht der Sträucher führen. Rechts und links gehen kleine Pfade ab, die zu den Eingängen der 30 Häuser führen. Gläsern sind die Vorräume der Gebäude, ein Wintergarten. Hier kann jeder hineinschauen, was sich im Inneren gerade abspielt.

Seit 25 Jahren existiert die idyllische Siedlung, verändert hat sich hier im Laufe der Zeit wenig. 1985 wurden drei Düsseldorfer auf eine gleichartige Siedlung in Hannover aufmerksam — und entschlossen sich dazu, in Düsseldorf gleiches auszuprobieren. Mit der Stadt nahmen sie Gespräche auf und fanden ein Grundstück in Gerresheim, das nahezu perfekt zu ihren Plänen passte. Hier wollte man sie jedoch letztlich nicht so recht haben — sie wurden nach Unterbach verfrachtet, an die Straße Am Langenfeldsbusch. Zwei Jahre später, 1987, wurde hier mit dem Bau begonnen.

Doch das Vorhaben stand unter keinem guten Stern — schon ein Jahr nach Baubeginn ging der Bauunternehmer insolvent, keines der Häuser war bis dato komplett fertig gestellt worden. Doch die Gruppe entschied sich gegen einen juristischen Streit und baute selbst weiter. 17 000 Mark investierte jeder der 30 Hausbesitzer im Schnitt noch einmal in das Projekt. "Es war das Wunder von Unterbach, als die Siedlung fertig gestellt war", sagt Timm Goecke. Er ist einer der drei, die die Idee ins Leben gerufen haben.

Beim Bau der Häuser wurden fast ausschließlich Naturmaterialien verwendet — die Außenwände sind mit Holz verkleidet, Betonwände gibt es nur vereinzelt zwischen Doppelhaushälften. Doch es sind nicht nur die materiellen Gegebenheiten, die das Dorf zu einem ökologischen Projekt machen. "Hier lebt niemand einfach so für sich, es ist eine große Gemeinschaft, eine Familie", sagt Bewohnerin Erika Wolff. So finden auf dem Dorfplatz im Laufe des Jahres verschiedene Veranstaltungen statt. Ob beim gemeinsamen Spaghettiessen oder dem alljährlichen Grünschnitt im Frühjahr — hier kommen alle Bewohner zusammen. Auch einen eigenen "Dorfbürgermeister" gibt es: Jährlich wird ein anderer Bewohner gewählt, der sich um die Geschäftsführung kümmert.

Wer nun denkt, dass das Dorf hauptsächlich älteren Menschen eine Heimat bietet, irrt sich gewaltig. Die Gassen sind mit Leben gefüllt, Kinder rennen hier von einem zum anderen Ende des Dorfes. Sie brauchen sich nicht in Acht zu nehmen, denn Autoverkehr gibt es nicht im Inneren der Siedlung. Rund 50 bis 60 Kinder sind zurzeit Teil der ökologischen Gemeinschaft in Unterbach. "Unser Dorf wächst von Innen heraus." Die erwachsenen Bewohner sind ein buntes Volk, das sich nicht mit einem Nenner beschreiben lässt. "Wir haben alle Berufe hier, viele Lehrer und Doktoren, aber auch alle möglichen anderen Berufsklassen", sagt Wolff. Mittlerweile sind zudem auch viele junge Familien ins Dorf gezogen. "Hier findet ein stetiger Wandel statt", sagt Swantje Kielhorn, die mit ihrem Kind seit vier Jahren in der Öko-Siedlung wohnt. "Es ist ruhig hier und gleichzeitig zentral gelegen." Sie möchte die Grasdächer der Hütten nicht mehr missen: "Es ist ein Paradies, woanders will ich nicht mehr wohnen."

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